Gegen die Meinungsfreiheit

von JթƒԹԶrgen Gottschlic

Unter dem Deckmantel des Antiterrorkampfes werden Journalisten in der TթƒԹԶrkei inhaftiert թ§Չ‚-Չ€œթ‚Թ unter anderem zwei Kollegen der linken Zeitung “BirGթƒԹԶn”.

 

ISTANBUL taz | Betretene Gesichter in der Redaktion von BirGթƒԹԶn, der wichtigsten linken Zeitung der TթƒԹԶrkei. Die Stimmung ist gedթƒԹ)mpft. Am Mittwoch wurden zwei Kollegen verhaftet, am Freitagnachmittag dauerte deren HaftprթƒԹԶfungstermin immer noch an.

Mehr als dreiթƒժԴig Journalisten wurden am Mittwoch bei landesweiten Razzien festgenommen. Von der einzigen kurdischen Tageszeitung in der TթƒԹԶrkei, թƒՉ€“zgթƒԹԶr GթƒԹԶndem, wurde fast die gesamte Redaktion festgenommen, ebenso von der prokurdischen Nachrichtenagentur Dicle.

Auch andere, kleine Agenturen die sich hauptsթƒԹ)chlich um die Verbreitung von Nachrichten rund um die kurdische Frage bemթƒԹԶhen, sind betroffen. թƒՉ€“zgթƒԹԶr GթƒԹԶndem erscheint nur noch als Notausgabe, am Donnerstag war die Titelseite geschwթƒԹ)rzt.

Die Festnahmen sind Teil einer seit Monaten andauernden Polizei- und Geheimdienstoperation gegen die sogenannte KCK-Organisation. KCK steht fթƒԹԶr eine թƒԹԶberparteiliche kurdische Plattform, die nach eigener Auskunft fթƒԹԶr mehr kurdische Selbstbestimmung arbeitet, nach EinschթƒԹ)tzung von Polizei und Geheimdienst aber nichts anderes als der zivile, verdeckte Arm der PKK ist, mit dem die “Terrororganisation” versuche, in den kurdischen Gebieten “Parallelstrukturen zum Staat aufzubauen”.

Aus dieser Sicht sind die kurdischen Medien nichts anderes als Verlautbarungsorgane der PKK und die jetzt verhafteten Journalisten allesamt UnterstթƒԹԶtzer einer Terrororganisation. “Nach dem derzeit geltenden Antiterrorgesetz”, sagt Ibrahim Aydin, Chefredakteur von BirGթƒԹԶn, “kթƒԹԳnnen sie uns alle verhaften.”

Lange Untersuchungshaft die Regel

Auch AnwթƒԹ)lte und Menschenrechtsorganisationen bestթƒԹ)tigen, dass nahezu jede MeinungsթƒԹ)uթƒժԴerung im Sinne der kurdischen Minderheit als UnterstթƒԹԶtzung der PKK ausgelegt werden kթƒԹԳnnte.

Dazu kommt, dass Anklagen nach dem Antiterrorgesetz von einer Sonderstaatsanwaltschaft verfolgt und vor Sondergerichten angeklagt werden. Bevor es թƒԹԶberhaupt zur Anklage kommt, ist eine lange, manchmal jahrelange Untersuchungshaft die Regel.

Offiziell werden die jetzt verhafteten Journalisten auch gar nicht als solche gefթƒԹԶhrt, denn sie wթƒԹԶrden ja nicht als Journalisten angeklagt, sondern als TerrorunterstթƒԹԶtzer. Deswegen behauptet die Regierung, lediglich acht Journalisten seien in Haft, wթƒԹ)hrend der Journalistenverband schon vor den letzten Massenverhaftungen 63 inhaftierte Kollegen zթƒԹ)hlte.

Just wթƒԹ)hrend sich der tթƒԹԶrkische MinisterprթƒԹ)sident Recep Tayyip Erdogan und mit ihm das gesamte politische Establishment des Landes թƒԹԶber die “Abschaffung der Meinungsfreiheit” in Frankreich erregen, nachdem das franzթƒԹԳsische Parlament die Leugnung des VթƒԹԳlkermordes an den Armeniern unter Strafe stellte, rutscht die TթƒԹԶrkei also fast ganz ans Ende der Liste der Pressefreiheit, die “Reporter ohne Grenzen” erstellt.

Die rigorose Beschneidung der Pressefreiheit hat nach lթƒԹ)ngerem ZթƒԹԳgern nun auch endlich fթƒԹԶr deutliche Kritik aus dem Ausland gesorgt. Der PrթƒԹ)sident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, und auch die OSZE zeigten sich jetzt alarmiert. “Allein die groթƒժԴe Zahl der Festnahmen”, so die Beauftragte fթƒԹԶr Medienfreiheit, Dunja Mijatovic, bedrohe die Pressefreiheit, weil sie zu Selbstzensur fթƒԹԶhre.

In einem vor wenigen Tagen verթƒԹԳffentlichten Brief von Ana Palacio, der frթƒԹԶheren spanischen AuթƒժԴenministerin, Emma Bonino, der VizeprթƒԹ)sidentin des italienischen Senats, und Howard Dean, dem frթƒԹԶheren Chef der US-Demokraten թ§Չ‚-Չ€œ allesamt UnterstթƒԹԶtzer eines tթƒԹԶrkischen EU-Beitritts թ§Չ‚-Չ€œ , an die tթƒԹԶrkische Regierung beklagen die drei, dass in der heutigen TթƒԹԶrkei die Kontrollfunktion der Medien immer mehr ausgehebelt werde

taz.de

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