23.12.2011 2011-12-23T16:40:00+0100թԹ թԹգթԹ In der TթԹԶrkei lթԹ)uft die EmpթԹԳrungsmaschinerie heiթժԴ: Frankreich solle sich lieber mit den Massakern im Algerien-Krieg befassen als mit den թ§Չ-ժԷEreignissen von 1915թ§Չ-ժ, sagt MinisterprթԹ)sident Erdogan.
Von Michael Martens, Istanbul
ichts treibt die Betriebstemperatur der tթԹԶrkischen Politik zuverlթԹ)ssiger in die HթԹԳhe als eine Diskussion թԹԶber das S-Wort. “Soykirim”, zu Deutsch VթԹԳlkermord, (an den Armeniern im Jahr 1915) habe es nicht gegeben, ist die parteiթԹԶbergreifend herrschende Lesart in Ankara. Wenn sich ein auslթԹ)ndisches Parlament anmaթժԴt, Erinnerungspolitik zu betreiben und “die Ereignisse von 1915”, wie sie in der TթԹԶrkei euphemistisch genannt werden, als Genozid zu definieren oder gar eine verharmlosende Interpretation des Geschehens unter Strafe zu stellen, lթԹ)uft die staatliche EmpթԹԳrungsmaschinerie heiթժԴ.
Das geschieht inzwischen mit einer gewissen Routine. Als im MթԹ)rz vergangenen Jahres der schwedische Reichstag mit einer Stimme Mehrheit eine Resolution annahm, die den Massenmord an den Armeniern im Osmanischen Reich als Genozid einstufte, sagte der tթԹԶrkische MinisterprթԹ)sident Recep Tayyip Erdogan einen geplanten Besuch in Stockholm ab und lieթժԴ die tթԹԶrkische Botschafterin in Schweden zu Konsultationen nach Ankara beordern. Nachdem nun die franzթԹԳsische Nationalversammlung einen Gesetzentwurf billigte, der das Leugnen von VթԹԳlkermorden unter Strafe stellen soll, kam es թԹ)hnlich.
Vorwurf des des Rassismus und der Islamfeindlichkeit
Von allen potentiellen VթԹԳlkermթԹԳrdern fթԹԶhlte sich allein die TթԹԶrkei angesprochen. Einen Besuch in Paris konnte Erdogan zwar nicht absagen, da keiner geplant war. Aber das AuթժԴenministerium beorderte umgehend den tթԹԶrkischen Botschafter zu Konsultationen nach Ankara, und Erdogan beschuldigte Frankreich des Rassismus und der Islamfeindlichkeit. Bei einem Treffen der Organisation der Islamischen Zusammenarbeit sagte er am Freitag in Istanbul, Frankreich solle sich lieber mit den Massakern im Algerien-Krieg befassen, und riet dem franzթԹԳsischen PrթԹ)sidenten Nicolas Sarkozy, seinen Vater danach zu fragen, der in Algerien im Einsatz gewesen sei. Zuvor hatte Erdogan angekթԹԶndigt, die TթԹԶrkei werde ihre politische, wirtschaftliche und militթԹ)rische Kooperation mit Frankreich einstellen, auch gemeinsame ManթԹԳver seien abgesagt worden.
Die Erfahrung zeigt indes, dass sich fթԹԶr Staaten, die ein “Genozid-Gesetz” annehmen, in der Praxis wenig in den Beziehungen zur TթԹԶrkei թԹ)ndert. Das dթԹԶrfte auch fթԹԶr Frankreich gelten, einen wichtigen Handelspartner der TթԹԶrkei. Erdogans in ihrer Wirtschaftspolitik neoliberal geprթԹ)gte Regierungspartei AKP meidet Schritte, die das eindrucksvolle Wirtschaftwachstum des Landes gefթԹ)hrden kթԹԳnnten. Diesem Wachstum verdankt sie ihre Wahlerfolge nթԹ)mlich mindestens so sehr wie ihrem Ruf als im Islam verwurzelte Partei
Die tթԹԶrkische Haltung lautet, die Bewertung der Ereignisse von 1915 sei Historikern zu թԹԶberlassen. Kritiker bemթԹ)ngeln, dass Ankara jedoch nichts unternehme, um eine solche Debatte zu fթԹԳrdern. Erdogan hatte sich zwar im vergangenen Monat im Namen des Staates fթԹԶr die Massaker an fast 14 000 vornehmlich alevitischen Kurden in der tթԹԶrkischen Provinz Dersim zwischen 1936 und 1939 entschuldigt, jedoch sinngemթԹ)թժԴ darauf hingewiesen, dass fթԹԶr dieses Verbrechen eigentlich der Kemalismus und damit die in dessen Tradition stehende oppositionelle Republikanische Volkspartei verantwortlich sei.
Ein regierungskritischer Kommentator merkte dazu an, die Darstellung, es sei 1915 ein VթԹԳlkermord an den Armeniern begangen worden, hթԹ)tte mit Sicherheit lթԹ)ngst die UnterstթԹԶtzung der AKP, wenn die Kemalisten dafթԹԶr verantwortlich zu machen wթԹ)ren. Das Verbrechen habe jedoch einen “osmanischen Anstrich”, weshalb die “Neo-Osmanen” sich damit nicht in gleicher Offenheit auseinandersetzten wie mit Massakern aus spթԹ)teren Zeiten.
faz.net
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