Armenier fordern Mahnmal in Berlin

Interview Von Sahin Aydin mit dem ZAD-Vorsitzenden Azat Ordukhanyan
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Frage: Die in Deutschland lebenden Armenier fordern ein Mahnmal fթƒԹԶr die anderthalb Millionen Opfer des osmanischen VթƒԹԳlkermords von 1915 an ihren Landsleuten. Warum in Berlin? Warum nicht in Ankara?
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A.O.: Ein solches Mahnmal in Ankara steht selbstverstթƒԹ)ndlich auch auf unserer Agenda. Wir sind uns damit der armenischen Diaspora in aller Welt durchaus einig. Aber erstens leugnet die TթƒԹԶrkei diesen VթƒԹԳlkermord bis heute und verweigert uns jede թƒՉ€žuթƒժԴerung von Trauer an den Tatorten von damals. Und zweitens wթƒԹԶrde ein solches Mahnmal uns nicht von der Pflicht befreien, auch hierzulande die Erinnerung wach zu halten und die Geschichte als Mahnung an die Zukunft lebendig werden zu lassen.
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Frage: թƒժ“berfrachten wir nicht die AufnahmefթƒԹ)higkeit der deutschen Hauptstadt, wenn wir hier Mahnmale fթƒԹԶr alle mթƒԹԳglichen historischen Katastrophen in dieser Welt errichten wollten?
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A.O.: Es geht nicht um Katastrophen, nicht um irgendwelche Naturereignisse – es geht um VթƒԹԳlkermord. Und es geht nicht um einen VթƒԹԳlkermord irgendwo auf der Welt, sondern um einen Genozid, in den das Deutsche Reich, damals wichtigster VerbթƒԹԶndeter der TթƒԹԶrkei, in vielfacher Weise verknթƒԹԶpft ist. Es gibt hier also durchausթ‚Թ  eine gemeinsame historische Verantwortung, der sich auch Deutschland zu stellen hat. Der Bundestag hat sich in der Resolution von 2005 beim armenischen Volk fթƒԹԶr die negative Rolle des Deutschen Kaiserreichs entschuldigt und sich verpflichtet, einen Beitrag zur Aufarbeitung und VersթƒԹԳhnung zu leisten.
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Frage: Sie wollen dieses Mahnmal bis 2015, zur hundertsten Jahrestag des VթƒԹԳlkermords, errichten. Warum erst jetzt?
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A.O.: Der Zentralrat der Armenier fordert seit Jahren die Errichtung eines Mahnmals bzw. einer GedenkstթƒԹ)tte. Aber offenbar ist erst jetztթ‚Թ  in Deutschland die Zeit reif fթƒԹԶr ein solches Projekt. Auch in Deutschland hat zunթƒԹ)chst die Zensur jahrzehntelanges Schweigen zu der Schande dieses Genozids bewirkt, danach haben demokratische Parlamente und die publizierte թƒՉ€“ffentlichkeit es noch sehr lange einfach bequem gefunden, dieses Thema in der Versenkung zu lassen. Die offizielle Kandidatur der TթƒԹԶrkei zur EU-Mitgliedschaft hat dem Thema VթƒԹԳlkermord an den Armeniern einen neuen Impuls gegeben.
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Frage: SpթƒԹ)testens mit der Bundestagsresolution von 2005 zum Thema “Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915”. Das war die von Ihnen lange geforderte Anerkennung des VթƒԹԳlkermords.
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A.O.: Nein. Wir fթƒԹԶhlen uns bis heute getթƒԹ)uscht. TatsթƒԹ)chlich ist diese Resolution in der politischen Wirklichkeit Deutschlands nicht angekommen. Sie vermeidet aus diplomatischer RթƒԹԶcksicht auf den TթƒԹ)terstaat, die TթƒԹԶrkei, den Begriff VթƒԹԳlkermord und sie bietet damit allen Leugnern eine Hilfestellung, VթƒԹԳlkermorde zu leugnen.
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Frage: Wenn das so ist – haben Sie denn in der Berliner Politik VerbթƒԹԶndete fթƒԹԶr das Projekt Mahnmal?
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A.O.: Jeder, der es mit der Bundestagsresolution ernst meint, ist ein potentieller VerbթƒԹԶndeter. In den politischen GesprթƒԹ)chen, die wir regelmթƒԹ)թƒժԴig mit den unterschiedlichen Parteien und Fraktionen auf Landes- wie auf Bundesebene fթƒԹԶhren, stoթƒժԴen wir auf groթƒժԴe Zustimmung. Dennoch fehlt es noch am politischen Wille, ein solches Projekt zu verwirklichen. Daran arbeiten wir unermթƒԹԶdlich weiter.
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Frage: Was muss sich թƒԹ)ndern?
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A.O.:թ‚Թ  Die Berliner Politik muss schlicht einsehen, dass es keinen Sinn mehr hat, eine offizielle Anerkennung des VթƒԹԳlkermordes weiterhin zu umgehen. Wenn das wieder, wie bei den mթƒԹԶndlichen und schriftlichen BegrթƒԹԶndungen fթƒԹԶr die Bundestagsresolution von 2005, Konsens wird, kann die Zustimmung zu unserem Mahnmal nur noch eine Formalie sein. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir nicht nur die Zustimmung sondern auch die UnterstթƒԹԶtzung durch die Politik finden werden.
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Frage: HeiթƒժԴt das, es braucht erst noch eine neue EntschlieթƒժԴung des Parlaments, in der der Begriff VթƒԹԳlkermord ausdrթƒԹԶcklich aufgenommen wird?
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A.O.: Wir halten eine solche neuerliche EntschlieթƒժԴung fթƒԹԶr dringend geboten, weil die Verwendung des vթƒԹԳlkerrechtlich korrekten Begriffs mehr Rechtsverbindlichkeit produziert. Die Errichtung eines Mahnmals kann jedoch einer neuerlichen EntschlieթƒժԴung durchaus vorausgehen. Da braucht es nur den guten politischen Willen aller Beteiligten.
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Frage: Dieser gute Wille fehlt?
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A.O.: Der politische Wille fehlte tatsթƒԹ)chlich թƒԹԶber lange Jahre. Das hat sich geթƒԹ)ndert. Heute ist, wie wir immer wieder feststellen, der gute Wille durchaus da, uns zu unterstթƒԹԶtzen. Aber es mangelt noch an politischer Konsequenz. Die deutsche AuթƒժԴenpolitik ist widersprթƒԹԶchlich, ihre Motivation oft nicht nachzuvollziehen. Da muss ein Umdenken stattfinden.թ‚Թ  Die AuթƒժԴenpolitik der Bundesregierung hat nichts zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den Republiken Armenien und TթƒԹԶrkei, und schon gar nicht zur VersթƒԹԳhnung zwischen den Armeniern und TթƒԹԶrken beigetragen – so wie es der Bundestag im Jahre 2005 gefordert hat. Deutschland muss endlich Sorge tragen, die TթƒԹԶrkei zu einer dauerhaften VersթƒԹԳhnung mit Armenien zu motivieren und sie zur Anerkennung des VթƒԹԳlkermordes zu bewegen. Aber wie soll das geschehen, solange Deutschland selbst den VթƒԹԳlkermord nicht anerkannt hat? Sonntagsredenթ‚Թ  und harte Wirklichkeit klaffen noch immer weit auseinander.

թ‚Թ Frage: Wie wollen Sie das թƒԹ)ndern?
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A.O.: Wir mթƒԹԶssen dicke Bretter bohren. Konsequente und harte Arbeit ist angesagt Und wir wollen ein Zeichen setzen. Mit dem Mahnmal werden wir ein solches Zeichen setzen. Wir werden genթƒԹԶgend VerbթƒԹԶndete finden, die uns den politischen RթƒԹԶckhalt verschaffen und uns in diesem Projekt unterstթƒԹԶtzen.
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Frage: Kommen wir zur praktischen Seite. Wie stellen Sie sich das Mahnmal vor. Gibt es schon EntwթƒԹԶrfe? Wie groթƒժԴ soll es sein, wo wird es stehen? Was wird es kosten?
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A.O.: Der ZAD verfolgt dieses Projekt gemeinsam mit der DiթƒԹԳzese der Armenischen Kirche in Deutschland. Das Mahnmal soll թƒՉ€“ffentlichkeit herstellen, es soll in Sichtweite des Reichstags stehen und damit eine Verbindung zu unseren guten demokratischen Tugenden demonstrieren. Es wirdթ‚Թ  eine richtige Relation zum groթƒժԴen Holocaust-Denkmal haben und als Symbol auch fթƒԹԶr das wiedererwachende armenische Leben in Deutschland wirken. DarթƒԹԶber hinaus wթƒԹ)re es durchaus Symbol fթƒԹԶr eine versթƒԹԳhnliche Geste unseres heutigen Heimatlandes, das uns damals, als es die Macht dazu hatte, so schmթƒԹ)hlich im Stich gelassen hat. Es gibt aus gutem Grund noch keine konkreten EntwթƒԹԶrfe, sondern nur erste Ideenskizzen. Wir planen einen Wettbewerb unter armenischen KթƒԹԶnstlern, die in Deutschland leben. TatsթƒԹ)chlich kթƒԹԳnnen wir ein solches Mahnmal relativ schnell realisieren. Es braucht allerdings dafթƒԹԶr nicht nur ideelle, sondern auch finanzielle UnterstթƒԹԶtzung. Die Kosten wollen wir heute noch nicht kalkulieren. Aber an der Finanzierung wird dieser Plan nicht scheitern!
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Frage: Vielen Dank fթƒԹԶr das GesprթƒԹ)ch.
Azat Ordukhanyan, geboren in Jerewan/ Armenien. Studium in Armenien und in Deutschland. Historiker.թ‚Թ  Wohnhaft in Bochum. Promotion an der Ruhr-UniversitթƒԹ)t Bochum. Vorsitzender des Armenisch-Akademischen Vereins 1860 e.V., Vorsitzender des Zentralrats der Armenier in Deutschland.թ‚Թ 

Fragen: Sahin Aydin
Antwort: ZAD-Vorsitzenden Azat Ordukhanyan

 

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