Weltweit gedenken die Armenier am 24. April an die Opfer des vom tթԹԶrkisch-nationalistischen Regime organisierten VթԹԳlkermords in der TթԹԶrkei. FթԹԶr die Nachfahren der թժberlebenden des VթԹԳlkermords ist es wichtig, dass Politiker am 24. April nicht nur an das Verbrechen erinnern, sondern die Tat auch klar als VթԹԳlkermord bezeichnen.
Die Forderung nach Anerkennung des VթԹԳlkermords ist eine politische Forderung und richtet sich somit vor allem an die Politik bzw. Politiker.թԹ Deshalb ist eine Gedenkfeier fթԹԶr die Opfer des VթԹԳlkermords gerade dann besonders interessant, wenn Politiker dort eine Rede halten, weil daraus wichtige Schlussfolgerungen gezogen werden kթԹԳnnen.
թԹ Die Gedenkfeier in der Paulskirche in Frankfurt am Main gilt deutschlandweit als die wichtigste, weil sie gemeinsam von DiթԹԳzese der Armenischen Kirche in Deutschland und dem Zentralrat der Armenier in Deutschland gemeinsam organisierte werden. Die Namen der eingeladenen deutschen Politiker und ihre Reden zum Gedenken an den VթԹԳlkermord geben einigen Aufschluss թԹԶber die Entwicklung in den vergangenen Jahren und auch darթԹԶber, was die armenischen Institutionen und VerbթԹ)nde bislang erreicht haben.
թԹ Im MթԹ)rz 2011 hatten թԹ ZAD-Vorstandsmitglieder die Politikerin in ihrem BundestagsbթԹԶro besucht. Dies deutete bereits darauf hin, dass die dem rechten FlթԹԶgel der CDU zuzurechnende und sowohl in der թՉffentlichkeit als auch in ihrer eigenen Partei umstrittene Steinbach als Rednerin an der Gedenkfeier in der Paulskirche auftreten wթԹԶrde. թժber sie gehen die Meinungen auch unter den Armeniern sehr auseinander. Die einen betrachten es als einen groթժԴen Fehler, dass sie als Rednerin eingeladen wurde, andere finden es vթԹԳllig normal. Suren Knolle-AkyթԹԶz, der Herausgeber des armenischen MagazinsթԹ թ§Չ-ժԷHaySocietyթ§Չ-ժ, schreibt: թ§Չ-ժԷDer Zentralrat hat uns Armeniern mit der Einladung von Erika Steinbach keinen Gefallen getan, sondern in eine Falle gelockt. Dieser Fehler wird hoffentlich bald Geschichte geworden sein, wie die ihm zuzurechnende Geisteshaltung.թ§Չ-ժթԹ Talin BahcivanogluթԹ թԹ)uթժԴerte ebenfalls Kritik: թ§Չ-ժԷDie Einladung des ZAD und die damit demonstrierte NթԹ)he zur Frau Steinbach bringt fթԹԶr mich unweigerlich die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit mit sich. Wie beeinflusst dies das Erscheinungsbild des ZAD? Der ZAD reprթԹ)sentiert immer hin 12 armenische Vereine in Deutschland. Auf der politischen Ebene wird jeder Antrag, jede Aussage, jede Begegnung der Vereine mit dem թԹԳffentlichen Erscheinungsbild des ZAD gemessen.թ§Չ-ժ
թԹ Auch wenn die Einladung Erika Steinbachs ganz auf der Linie einer im ZAD vorherrschenden politischen թ§Չ-ժԷGeisteshaltungթ§Չ-ժ liegt und die Politikerin bekanntlich dem rechten FlթԹԶgel der CDU angehթԹԳrt, ist es interessant zu wissen, was sie in der Paulskirche gesagt hat թ§Չ-Չ und was nicht. Bekanntlich ist fթԹԶr viele Armenier nicht so sehr die թ§Չ-ժԷpolitische Geisteshaltungթ§Չ-ժ eines Politikers ausschlaggebend. Hier soll es hier nicht um die Frage gehen, welcher Partei die Rednerin angehթԹԳrt oder welche թ§Չ-ժԷGeisteshaltungթ§Չ-ժ sie vertritt, sondern einfach nur darum, was hat sie in der Paulskirche zum Thema VթԹԳlkermord und die damit zusammenhթԹ)ngenden, fթԹԶr die Armenier entscheidenden Fragen gesagt? Wenn den Kritikern Steinbachs թ§Չ-ժԷpolitische und ideologische Voreingenommenheitթ§Չ-ժ unterstellt wird, dann sollte als Grundlage fթԹԶr eine sachlich-objektive Beurteilung ihre dieթԹ Rede in der PaulskircheթԹ untersucht werden.
թԹ In der CDU/CSU Bundestagsfraktion ist Erika Steinbach Sprecherin fթԹԶr Menschenrechte und fթԹԶr HumanitթԹ)re Fragen. Der Teil ihrer Rede, in dem sie die Defizite in der Menschrechts- und Minderheitenpolitik kritisiert und aktuelle Beispiele fթԹԶr die undemokratische, diskriminierende Politik der tթԹԶrkischen Regierung aufgezթԹ)hlt werden, zeugt davon, dass sie die Lage in der TթԹԶrkei kennt. Problematisch wird es aber, wenn man sich die Passagen nթԹ)her anschaut, in denen es um die Geschichte des VթԹԳlkermords, die Rolle der CDU/CSU beim Bundestagsbeschluss 2005 oder um die Frage geht, welche Forderungen die CDU-Politikerin an die Adresse der Regierung in Ankara stellt.
թԹ Steinbach behauptet, dass der VթԹԳlkermord mit der թ§Չ-ժԷVerhaftung und Verschleppung der kulturellen Elite begannթ§Չ-ժ.թԹ Verhaftet, verschleppt und ermordet wurden aber nicht nur AngehթԹԳrige der թ§Չ-ժԷkulturellen Eliteթ§Չ-ժ: Bei der ersten groթժԴen Verhaftungswelle am 24. April zielte vor allem darauf ab, die politische Elite der Armenier in der Hauptstadt zu beseitigen. Die noch teilweise intakten organisatorischen Strukturen der armenischen Parteien im gesamten Reich sollten mթԹԳglichst schnell zerschlagen und somit ein Widerstand gegen die Vernichtungspolitik verhindert werden.
թԹ թ§Չ-ժԷIm Schatten des 1. Weltkriegesթ§Չ-ժ, fթԹ)hrt Steinbach in ihrer AusfթԹԶhrung fort, թ§Չ-ժԷfiel dieser ganze dramatische Vorgang weitestgehend aus dem Blickfeld der WeltթԹԳffentlichkeit, obwohl die Diplomaten vieler LթԹ)nder sehr wohl Kenntnis davon hatten. Der VթԹԳlkermord wurde zwar in der europթԹ)ischen Presse hier und da diskutiert, es gab auch Proteste, aber es erfolgte keine Reaktion das Drama zu unterbinden. Auch Deutschland machte keine Ausnahme.թ§Չ-ժ
թԹ Die թ§Չ-ժԷWeltթԹԳffentlichkeitթ§Չ-ժ war wթԹ)hrend des 1. Weltkrieges gewissermaթժԴen in zwei HթԹ)lften geteilt: Die in den LթԹ)ndern des alliierten BթԹԶndnisses und der MittelmթԹ)chte unter FթԹԶhrung Deutschlands. Die Regierungen der Alliierten erkannten bereits sehr frթԹԶh, dass die armenische BevթԹԳlkerung in der TթԹԶrkei systematisch vernichtet wurde. Am 24. Mai 1915 verkթԹԶndeten sie in einer gemeinsamen ErklթԹ)rung: թ§Չ-ժԷAngesichts dieser Verbrechen der TթԹԶrkei gegen die Menschheit und die Zivilisation erklթԹ)ren die Regierungen der Alliierten թԹԳffentlich gegenթԹԶber der Hohen Pforte, dass sie alle Mitglieder der osmanischen Regierung persթԹԳnlich fթԹԶr diese Verbrechen zur Verantwortung ziehen werden, und ebenso jene Beauftragten, die in solche Massaker verwickelt sind.թ§Չ-ժ Die ErklթԹ)rung vom 24. Mai, auf die Steinbach nicht eingeht, bedeutete nicht nur ein klare Verurteilung des թ§Չ-ժԷVerbrechens gegen die Menschheitթ§Չ-ժ, sondern eine deutliche Warnung und Strafandrohung an die tթԹԶrkische FթԹԶhrung und diejenigen, die sich an dem Verbrechen beteiligten. Die Alliierten hatten aber keine MթԹԳglichkeiten und Mittel, das թ§Չ-ժԷDrama zu unterbindenթ§Չ-ժ. Die Vernichtung der Armenier in der TթԹԶrkei war sicher nicht Hauptthema der Presse in den alliierten Staaten, aber es wurde zumindest darթԹԶber berichtet.
թԹ Im Bundestagsbeschluss wird ausdrթԹԶcklich kritisiert թ§Չ-ժԷdie unrթԹԶhmliche Rolle des Deutschen Reiches, das angesichts der vielfթԹ)ltigen Informationen թԹԶber die organisierte Vertreibung und Vernichtung von Armeniern nicht einmal versucht hat, die GrթԹ)uel zu stoppen.թ§Չ-ժ Erika Steinbach hingegen, versucht die Mitschuld Deutschlands an dem Verbrechen zu relativieren, indem sie behauptet, die Alliierten und die թ§Չ-ժԷWeltթԹԳffentlichkeitթ§Չ-ժ hթԹ)tten auch nichts unternommen, թ§Չ-ժԷum das Drama zu unterbindenթ§Չ-ժ. թԹ Im Gegensatz zu Deutschland als VerbթԹԶndeter der TթԹԶrkei hatten aber die Alliierten eben nicht die MթԹԳglichkeiten und die Mittel, die Vernichtung der Armenier zu verhindern oder aufzuhalten.
թԹ In ihrer Rede geht Steinbach auch auf den Antrag ein, die ihre Fraktion in den Bundestag eingebracht hatte: թ§Չ-ժԷAnlթԹ)sslich des 90. Jahrestages des Auftaktes zum Genozid am armenischen Volke im Jahre 2005, hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich in einem Antrag solidarisch an die Seite der Armenier gestellt. Erstmals wurde damit im Jahre 2005 dieses Drama zum Thema im Deutschen Bundestag. Darin haben wir die damalige Bundesregierung unter Gerhard SchrթԹԳder aufgefordert dafթԹԶr einzutreten, թ§Չ-ժԷdass sich die TթԹԶrkei mit ihrer Rolle gegenթԹԶber dem armenischen Volk in Geschichte und Gegenwart vorbehaltlos auseinandergesetzt թ§Չ-ժ und dass թ§Չ-ժԷsie sich fթԹԶr die GewթԹ)hrung der Meinungsfreiheit in der TթԹԶrkei, insbesondere auch bezթԹԶglich der Massaker an den Armeniern, einsetztթ§Չ-ժ. Wenn die CDU in ihrem Antrag das թ§Չ-ժԷDramaթ§Չ-ժ als թ§Չ-ժԷVթԹԳlkermordթ§Չ-ժ bezeichnet hթԹ)tte, wթԹ)re es tatsթԹ)chlich eine richtige und mutige Entscheidung gewesen. Lediglich eine թ§Չ-ժԷvorbehaltlose Auseinandersetzung mit der Geschichte und Gegenwartթ§Չ-ժ zu fordern ist aber nichts, was die Armenier als einen Meilenstein im Kampf fթԹԶr die Anerkennung bejubeln mթԹԶssten.
Wenn die rot-grթԹԶne Regierung dieser Aufforderung trotzdem nicht nachkam, sind denn die von der CDU/CSU gefթԹԶhrten Regierungen dafթԹԶr eingetreten und haben was erreichen kթԹԳnnen?
Erika Steinbach beendet ihre Rede mit zwei SթԹ)tzen, der ebenfalls kaum einen Armenier von seinem Sitz in der Paulskirche gerissen haben dթԹԶrfte: թ§Չ-ժԷSeitens der tթԹԶrkischen Regierung mթԹԶssen die Opfer des Genozids bis zum heutigen Tage auch nur auf einen Hauch von MitgefթԹԶhl warten, von einer Entschuldigung ganz zu schweigen. Ich fordere von hier aus den MinisterprթԹ)sidenten der TթԹԶrkei auf, sich der Verantwortung seines Landes zu stellen, endlich zu stellen und sich bei den Nachfahren der Opfer zu entschuldigen.թ§Չ-ժ
թԹ Die mangelhafte Kenntnis der Geschichte und ihre Relativierung der Mitschuld Deutschlands am VթԹԳlkermord Armeniern kթԹԳnnten der CDU-Politikerin vielleicht noch verziehen werde. Aber warten die Nachkommen der թժberlebenden des Verbrechens թ§Չ-ժԷauf einen Hauch von MitgefթԹԶhlթ§Չ-ժ und eine թ§Չ-ժԷEntschuldigungթ§Չ-ժ der tթԹԶrkischen Regierung? Es fehlte eigentlich nur noch, dass Steinbach zur թ§Չ-ժԷVersթԹԳhnungթ§Չ-ժ aufgerufen hթԹ)tte. Vielleicht wird sie es bei ihrer nթԹ)chsten Rede auf einer ZAD-Veranstaltung nachholen.
Toros Sarian
armenieninfo.net
photo by AAE
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