HAYsociety: Herr Sarian, Sie hatten den Linken-Abgeordneten Yildiz bereits 2008 auf www.abgeordnetenwatch.de zu einer Stellungnahme zum VթԹԳlkermord an den Armeniern aufgefordert. Sie haben Ihre Forderung vor Kurzem ohne Erfolg wiederholt. Eine Initiativgruppe unterstթԹԶtzt Sie bei Ihrem BemթԹԶhen, den Fall Yildiz nicht zu einem Fall Keskin, der die Linke in einem ganz schlechten Licht erscheinen lieթժԴ, zu machen. Wie groթժԴ ist der RթԹԶckhalt, den Sie bei der Linken und der armenischen Gemeinschaft haben?
Sarian:թԹ Es gibt keine թ§Չ-ժԷInitiativgruppeթ§Չ-ժ, die mich unterstթԹԶtzt, damit der Fall Yildiz nicht zu einem Fall Keskin wird. Ich bin MitbegrթԹԶnder der Anfang 2010 gegrթԹԶndeten Gruppe թ§Չ-ժԷKein Vergessen, kein Leugnen – Initiative 1915թ§Չ-ժ. Diese Initiative hat gemeinsam mit 5 anderen Vereinen, darunter die թ§Չ-ժԷArbeitsgruppe Anerkennung – Gegen Genozid, fթԹԶr VթԹԳlkerverstթԹ)ndigungթ§Չ-ժ, die թ§Չ-ժԷAssemby of Armenians of Europe – Deutschland Sektionթ§Չ-ժ und drei aramթԹ)isch-assyrische Vereinen einen gemeinsamen Aufruf an die Delegierten der Landesvertreterversammlung gerichtet. Darin wurde die Partei Die Linke daran erinnert, dass der Fall Hakki Keskin sich nicht wiederholen dթԹԶrfe.թԹ Die Unterzeichner des Aufrufs kթԹԶndigten Proteste an, wenn Mehmet Yildiz als Kandidat der Partei fթԹԶr die BթԹԶrgerschaftswahl am 20. Februar nominiert werden sollte, ohne den VթԹԳlkermord anzuerkennen.
Ich bin kein Mitglied der Partei Die Linke. Zu einigen tթԹԶrkeistթԹ)mmigen Parteimitgliedern, die seit 2007 mehrere Gedenk- und Protestveranstaltungen zum VթԹԳlkermord und zur Ermordung Hrant Dinks organisiert haben, unterhalte ich gute Kontakte. Von einem RթԹԶckhalt in der Partei Die Linke kann aber keine Rede sein, weil die Mitglieder der Partei Die Linke mich nicht kennen. Es ist mթԹԳglich, dass Parteilose fթԹԶr die Landesliste der Linken kandidieren kթԹԳnnen. Von dieser MթԹԳglichkeit habe ich Gebrauch gemacht und gegen Mehmet Yildiz kandidiert. Dadurch erhielt ich die MթԹԳglichkeit, meine Kritik an der Haltung von Mehmet Yildiz vorzutragen. Die meisten Parteimitglieder erfuhren erst am 8. Januar, als der Aufruf auf der Landesvertreterversammlung verteilt wurde, dass Mehmet Yildiz seit drei Jahren zum VթԹԳlkermord an den Armeniern schwieg.
Die armenische Gemeinschaft in Hamburg hat թԹԶber die Ereignisse der vergangenen Wochen kaum etwas mitbekommen. Lediglich einige junge Armenierinnen und Armenier, die in der թ§Չ-ժԷInitiative 1915թ§Չ-ժ aktiv sind, wussten davon. Ob und wie viel RթԹԶckhalt ich in der armenischen Gemeinschaft in Hamburg habe, weiթժԴ ich nicht. FթԹԶr mich stellt sich so eine Frage auch nicht. Ich gehe davon aus, dass die Forderung nach Anerkennung des VթԹԳlkermordes von allen Armeniern unterstթԹԶtzt wird. Von Mehmet Yildiz habe ich nur verlangt, dass er sagen soll, ob er das Verbrechen an den Armeniern als VթԹԳlkermord bewertet.
HAYsociety: Ist es nicht kurzsichtig und bequem, lediglich bei der Linken Druck zu machen? WթԹ)re es nicht ratsam, bei jedem Kandidaten der politischen Parteien in allen deutschen Parlamenten auf die Anerkennung des VթԹԳlkermordes zu drթԹ)ngen?
Sarian:թԹ NatթԹԶrlich ist es notwendig, dass bei den Kandidaten in allen Parteien darauf geachtet wird, welche Position sie in der VթԹԳlkermordfrage vertreten. In Hamburg hat es auch Proteste gegen tթԹԶrkeistթԹ)mmige Abgeordnete und Politiker in anderen Parteien gegeben. 2001 gegen Hakki Keskin, der damals noch Mitglied der SPD war. Olaf Scholz, SPD-Chef in Hamburg, hatte sich dazu zwar nicht geթԹ)uթժԴert, aber zahlreiche Hamburger SPD-Abgeordnete im Bundestag, im EuropթԹ)ischen Parlament undթԹ der BթԹԶrgermeister Ortwin Runde haben auf den Protest reagiert. Es gab zwei GesprթԹ)che mit hochrangigen Vertretern des BթԹԶrgermeisters im Rathaus.
Der Protest gegen den GAL BթԹԶrgerschaftsabgeordneten Mahmut Erdem, der ebenfalls 2001 den VթԹԳlkermord angezweifelt hatte, war erfolgreich. Die GAL-Fraktion hat sich sehr schnell und klar von der Position ihres Fraktionskollegen distanziert.
Diese zwei FթԹ)lle haben mir gezeigt, dass Proteste was bewegen kթԹԳnnen. Es ist allerdings wichtig, dass man beharrlich an der Sache dranbleibt. Mit einem Protestbrief ist es nicht getan.
Leider sind mir aus anderen Orten keine vergleichbaren FթԹ)lle bekannt. Es liegt sicher nicht daran, dass woanders in den Landesparlamenten keine VթԹԳlkermordleugner sitzen. Interessant wթԹ)re z.B. zu erfahren, welche Position die tթԹԶrkischstթԹ)mmige Ministerin in der CDU-Regierung in Niedersachsen vertritt.
Aber ich habe den Eindruck, dass die Armenier und die Verantwortlichen in den armenischen Vereinen vor Ort sich mit solchen Dingen nicht beschթԹ)ftigen mթԹԳchten. Auch seitens des ZAD oder der թ§Չ-ժԷGruppe 24. Aprilթ§Չ-ժ sind in dieser Frage keine AktivitթԹ)ten zu erkennen.
HAYsociety:թԹ WթԹ)re es konsequenterweise nicht auch notwendig, den deutschen Politikern ohne tթԹԶrkeistթԹ)mmigen Migrationshintergrund die armenische Gretchenfrage zu stellen, zumal der deutsche Bundestag 2005 die deutsche Mitschuld eingestanden hat?
Sarian:թԹ Die armenische Gemeinschaft ist bislang nur sehr schwach organisiert. Fast sթԹ)mtliche Vereine definieren sich als թ§Չ-ժԷKulturvereineթ§Չ-ժ und von politischer BetթԹ)tigung halten sich die meisten fern. Deshalb ist kaum erkennbar, dass die armenische Gemeinschaft politische Ziele verfolgt. Wenn man so will, kann man die Forderung nach Anerkennung des VթԹԳlkermordes als ein politisches Ziel ansehen. Die Frage der politischen Partizipation ist zwar vor vielen Jahren thematisiert worden, aber konkrete Ergebnisse sind nicht erkennbar.
Es herrscht nicht nur bei Armeniern, sondern allgemein eine weit verbreiteten GleichgթԹԶltigkeit gegenթԹԶber politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Armenier in Deutschland mթԹԶssten zuerst einmal grundlegende politische Forderungen definieren und dann kann man sehen, wo es BerթԹԶhrungspunkte mit anderen Migrantengemeinschaften gibt. Naheliegend ist natթԹԶrlich, dass Armenier und AngehթԹԳrige anderer christlicher Migrantengemeinschaften gemeinsame politische Forderungen haben. Die kleinen Migrantengemeinschaften mթԹԶssen enger zusammenarbeiten, damit sie ihre Interessen besser durchsetzen kթԹԳnnen.
Toros Sarian ist Herausgeber des Online-Magazins Armenieninfo.net
Mehmet Yildiz erzwungenes Bekenntnis
hay-society.de
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