Schriftsteller Dogan Akhanli wieder frei

Der deutsche Schriftsteller, der auf Betreiben der TթƒԹԶrkei in Spanien festgenommen worden war, ist wieder frei. Verhaftungen und Folter haben Dogan Akhanlis Leben geprթƒԹ)gt թ§Չ‚-Չ€œ und der Versuch einer literarischen BewթƒԹ)ltigung.

Der in Spanien festgenommene tթƒԹԶrkischstթƒԹ)mmige KթƒԹԳlner Autor Dogan Akhanli ist wieder frei. Das teilte sein Anwalt Ilias Uyar an diesem Sonntag nach der richterlichen AnhթƒԹԳrung in Madrid auf seiner Facebook-Seite mit. Der GeneralsekretթƒԹ)r des deutschen Pen-Clubs, Carlos Collado Seidel, sagte dem Evangelischen Pressedienst, Akhanli dթƒԹԶrfe Spanien aber zunթƒԹ)chst nicht verlassen.
Der 60 Jahre alte Schriftsteller war am Samstag wթƒԹ)hrend seines Urlaubs in Granada festgenommen worden. Die TթƒԹԶrkei hatte bei Interpol einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erwirkt. Die Festnahme hatte groթƒժԴe EmpթƒԹԳrung ausgelթƒԹԳst.

Folter in Anwesenheit seines kleinen Kindes
Er war noch ein Jugendlicher, als Dogan Akhanlis Vertrauen in den tթƒԹԶrkischen Staat թ§Չ‚-ժԷvollkommen erschթƒԹԶttertթ§Չ‚-ժ“ wurde, wie er selbst erzթƒԹ)hlt: Schon der Kauf einer linksorientierten Zeitung an einem Kiosk hatte genթƒԹԶgt, den 1957 als Sohn eines Lehrers an der georgischen Grenze geborenen jungen Mann 1975 fթƒԹԶr fթƒԹԶnf Monate in Untersuchungshaft zu nehmen.
Nach seinem Freispruch studierte Akhanli Geschichte und PթƒԹ)dagogik, bis er nach dem MilitթƒԹ)rputsch vom 12. September 1980 untertauchen musste. Aus dem Untergrund heraus organisierte er Demonstrationen und druckte mit Hilfe eines gut organisierten Netzwerks FlugblթƒԹ)tter und Zeitungen. Im Mai 1985 wurde er zusammen mit seiner Frau Ayse und dem 16 Monate alten Sohn verhaftet. Nach zehntթƒԹ)gigem VerhթƒԹԳr und Folter der Eheleute թ§Չ‚-Չ€œ im Beisein des Sohnes թ§Չ‚-Չ€œ saթƒժԴ die Familie in einem MilitթƒԹ)rgefթƒԹ)ngnis in Istanbul zweieinhalb Jahre lang getrennt in Haft.
Beschimpft und totgeschwiegen
Nach der Entlassung 1987 sagte sich Akhanli von seinen Genossen und der RevolutionթƒԹ)ren Kommunistischen Partei der TթƒԹԶrkei los, die ihm zu orthodox und autoritթƒԹ)r waren. Er lebte mit seiner Familie zurթƒԹԶckgezogen in Antalya, Izmir und Istanbul, arbeitete als Fischer und Instrumentenbauer. Nachdem er und seine Frau ihre Berufungsprozesse verloren hatten, drohte die neuerliche Verhaftung. Deshalb floh die Familie 1992 nach KթƒԹԳln, wo Akhanli zunթƒԹ)chst im RթƒԹԶckzug und Schweigen versuchte, mit dem Vergangenen abzuschlieթƒժԴen. Er wurde als politischer FlթƒԹԶchtling anerkannt, 1998 von der TթƒԹԶrkei ausgebթƒԹԶrgert, weil er eine RթƒԹԶckkehr zum MilitթƒԹ)rdienst verweigerte, und im Jahr 2001 deutscher StaatsbթƒԹԶrger.

Mit dem Schreiben begann Akhanli Mitte der neunziger Jahre թ§Չ‚-Չ€œ zunթƒԹ)chst, um sich mit seiner Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei wթƒԹ)hlte er die Romanform, um distanziert auf die Welt und seine Protagonisten schauen zu kթƒԹԳnnen. 1998 und 1999 brachte ein Istanbuler Verlag seine ersten beiden Romane auf den Markt, in denen er die politischen Ereignisse in der TթƒԹԶrkei der siebziger und achtziger Jahre verarbeitete. Seine Romantrilogie թ§Չ‚-ժԷKayip Denizlerթ§Չ‚-ժ“ թ‚Թ թ§Չ‚-Չ€œ zu Deutsch թ§Չ‚-ժԷDie verschwundenen Meereթ§Չ‚-ժ“ թ§Չ‚-Չ€œ schloss er 1999 mit թ§Չ‚-ժԷKiyamet GթƒԹԶnթƒԹԶ YargiթƒԹ«lariթ§Չ‚-ժ“ ab. Als erstes seiner BթƒԹԶcher erschien das Werk 2007 unter dem Titel թ§Չ‚-ժԷDie Richter des jթƒԹԶngsten Gerichtsթ§Չ‚-ժ“ in deutscher Sprache. Das Buch, mit dem der Akhanli, wie er sagt, eine Verbindung herstellen wollte թ§Չ‚-ժԷzwischen den Verschwundenen von vor fast hundert Jahren und denen in meiner Zeitթ§Չ‚-ժ“, behandelte erstmals das Tabuthema des VթƒԹԳlkermords an den Armeniern von 1915/1916 und machte Akhanli in der TթƒԹԶrkei schlagartig bekannt. Er wurde in den Massenmedien wegen seines Geburtsorts als թ§Չ‚-ժԷarmenischer Bastardթ§Չ‚-ժ“ beschimpft, von offizieller Seite jedoch totgeschwiegen und թƒԹԶberraschenderweise nicht der թ§Չ‚-ժԷVerunglimpfung des TթƒԹԶrkentumsթ§Չ‚-ժ“ bezichtigt.
Die dunkle Geschichte Deutschlands und der TթƒԹԶrkei
Sein vierter, 2005 in der TթƒԹԶrkei erschienener Roman թ§Չ‚-ժԷMadonna’nin Son Hayaliթ§Չ‚-ժ“ թ§Չ‚-Չ€œ zu Deutsch թ§Չ‚-ժԷDer letzte Traum der Madonnaթ§Չ‚-ժ“ թ§Չ‚-Չ€œ erzթƒԹ)hlt von der TragթƒԹԳdie des mit թƒԹԶber 700 jթƒԹԶdischen FlթƒԹԶchtlingen beladenen Schiffes թ§Չ‚-ժԷStrumaթ§Չ‚-ժ“, das 1942 im Schwarzen Meer versenkt wurde, und das Gedenken in Deutschland an diesen Vorfall. Das Buch wurde von tթƒԹԶrkischen Kritikern und Schriftstellern zu den besten zehn Romanen des Jahres 2005 gerechnet. In der Folge konnte Akhanli, der sich offen zu seiner Traumatisierung, zu Depressionen und AlbtrթƒԹ)umen bekennt, auch թƒԹԶber andere Themen schreiben. Er entwickelte DrehbթƒԹԶcher fթƒԹԶr die Krimi-Serie eines tթƒԹԶrkischen Fernsehsenders, plante eine Liebesgeschichte und einen Roman թƒԹԶber FuթƒժԴball. 2009 erschien sein fթƒԹԶnfter Roman թ§Չ‚-ժԷBabasiz GթƒԹԶnlerթ§Չ‚-ժ“, der in deutscher թƒժ“bersetzung unter dem Titel թ§Չ‚-ժԷTage ohne Vaterթ§Չ‚-ժ“ im Jahr 2016 im Kitab-Verlag erschien.

faz.net

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