VթƒԹԳlkermord im Osmanischen Reich

Schweigsamer թ§Չ‚-ժԷWaffenbruderթ§Չ‚-ժ“

Das deutsche Kaiserreich war im 1. Weltkrieg VerbթƒԹԶndeter der Osmanen. Deshalb tut man sich schwer, den Genozid an den Armeniern anzuerkennen.

Es ist der publikumswirksamste Auftritt seines Lebens und wohl auch einer der erfolgreichsten. Am 2. Juni 1921 trat der Pfarrer Johannes Lepsius im Landgericht in Berlin auf, um Auskunft zu geben թƒԹԶber den hunderttausendfachen Mord an der armenischen Minderheit im Osmanischen Reich.

Der Prozess, in dem Lepsius als Gutachter geladen ist, wird im damaligen Berlin zur Sensation. Ein armenischer Student, Soghomon Tehlirian, hatte drei Monate zuvor auf offener StraթƒժԴe den frթƒԹԶheren tթƒԹԶrkischen Regierungschef TalթƒԹ§t Pascha erschossen, weil er ihn fթƒԹԶr den Hauptverantwortlichen des VթƒԹԳlkermords an den Armeniern hielt.

Doch der Hintergrund des Prozesses ist auch fթƒԹԶr Deutschland politisch brisant. Als der Massenmord an den Armeniern 1915/16 geschah, war das damalige Osmanische Reich mit dem damaligen Deutschen Kaiserreich eng verbթƒԹԶndet. Im Ersten Weltkrieg war das Osmanische Reich Teil der MittelmթƒԹ)chte, die gegen die Entente von Frankreich, England, Russland und spթƒԹ)ter den USA kթƒԹ)mpften.

Lepsius war damals Vorsitzender der Deutsch-Armenischen Gesellschaft, die er im Juni 1914, nur wenige Wochen vor Beginn des Ersten Weltkriegs, mit gegrթƒԹԶndet hatte und deren erster und bis heute bekanntester Vorsitzender er war. Der frթƒԹԶhere Pfarrer und Orientmissionar Johannes Lepsius hatte bereits Ende des 19.թ‚Թ Jahrhunderts die Armenien-Frage zu seinem Lebensthema gemacht. թ§Չ‚-ժԷHeute wթƒԹԶrde man sagen, er war Chef einer NGO fթƒԹԶr Armenienhilfeթ§Չ‚-ժ“, meint Raffi Kantian, der jetzige Vorsitzende der Deutsch-Armenischen Gesellschaft.

Ein Menschheitsverbrechen

Vielleicht so etwas wie ein frթƒԹԶher Rupert Neudeck, der schon damals durch stթƒԹ)ndige VortrթƒԹ)ge und sonstige թƒՉ€“ffentlichkeitsarbeit Spenden fթƒԹԶr sein Hilfswerk fթƒԹԶr armenische Waisenkinder sammelte und gleichzeitig die offizielle deutsche AuթƒժԴenpolitik bearbeitete, sich stթƒԹ)rker fթƒԹԶr die Armenier im Osmanischen Reich zu engagieren.

Trotz der deutsch-tթƒԹԶrkischen թ§Չ‚-ժԷWaffenbrթƒԹԶderschaftթ§Չ‚-ժ“ im Ersten Weltkrieg gelang es Lepsius damals, ausgerթƒԹԶstet mit einer FթƒԹԶlle von Dokumenten, das Gericht davon թƒԹԶberzeugen, dass in Anatolien fթƒԹԶnf Jahre zuvor tatsթƒԹ)chlich ein Menschheitsverbrechen stattgefunden hatte. Soghomon Tehlirian wurde freigesprochen, wenn auch nur wegen SchuldunfթƒԹ)higkeit aufgrund vorթƒԹԶbergehender geistiger Verwirrung.

Der eigentliche Erfolg von Lepsius aber war die թƒԹԳffentliche Debatte: Nie zuvor und kaum jemals wieder danach wurde in Deutschland so ausgiebig թƒԹԶber das Schicksal der Armenier gesprochen. Es war eine Momentaufnahme, die bis heute zu einem der HթƒԹԳhepunkte in der deutsch-armenischen Geschichte zթƒԹ)hlt. Immer noch ist Johannes Lepsius in Deutschland der bekannteste Vertreter armenischer Interessen. In seinem ehemaligen Haus in Potsdam befindet sich seit 2011 das Lepsius Institut, das թƒԹԶber die Geschichte des VթƒԹԳlkermordes arbeitet und Publikationen herausgibt sowie Veranstaltungen durchfթƒԹԶhrt.

In diesem Sommer feierte die Deutsch-Armenische Gesellschaft zusammen mit dem Lepsius Haus ihr hundertjթƒԹ)hriges Bestehen. Dazu wurde ein 300թ‚Թ Seiten umfassender Reader herausgegeben, in dem auf eindrucksvolle Weise die armenische Geschichte in Deutschland rekapituliert wird. Das Erfreulichste nach dem traumatischen Start im Ersten Weltkrieg ist, dass heute wieder ein lebendiges armenisches Leben in Deutschland existiert.

Die Rolle Deutschlands

Denn die im Prozess gegen den armenischen AttentթƒԹ)ter 1921 aufgeworfenen Fragen nach der Rolle Deutschlands als engster BթƒԹԶndnispartner der TթƒԹԶrkei wթƒԹ)hrend des VթƒԹԳlkermords verschwand schnell wieder in der Versenkung. Die Weimarer Republik war sich weitgehend einig in der Ablehnung der Kriegsschuld, die der Versailler Vertrag Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg anlastete und deshalb fand sich niemand, der թƒԹԶber die spezielle deutsche Schuld beim armenischen VթƒԹԳlkermord diskutieren wollte.

Dazu kam, dass in Deutschland auch nur wenige Hundert Armenier lebten; diejenigen, die aus dem Osmanischen Reich hatten flթƒԹԶchten kթƒԹԳnnen, gingen nach Frankreich oder in die USA, aber nicht nach Deutschland. Als Johannes Lepsius 1926 starb, fթƒԹԶhrte die Deutsch-Armenische Gesellschaft in den letzten Jahren der Weimarer Republik und dann wթƒԹ)hrend der Nazi-Jahre nur noch ein Schattendasein, das 1956 mit dem Tod ihres letzten Vorsitzenden Paul Rohrbach auch formell beendet wurde.

Die Wiederbelebung erfolgte dann Ende der 1960er, Anfang der 70er Jahre in der Bundesrepublik. Armenische Studenten aus dem Libanon, dem Iran und der TթƒԹԶrkei, dazu viele Armenier unter den թ§Չ‚-ժԷtթƒԹԶrkischen Gastarbeiternթ§Չ‚-ժ“, grթƒԹԶndeten die Gesellschaft 1972 neu. Ihre vornehmste Aufgabe bis heute ist, die Erinnerung an den VթƒԹԳlkermord wachzuhalten.

թ§Չ‚-ժԷWir machen viele Veranstaltungen und geben eine Vierteljahrespublikation heraus, die nach ihren bescheidenen AnfթƒԹ)ngen jetzt zu einem veritablen 60-Seiten-Magazin geworden istթ§Չ‚-ժ“, erzթƒԹ)hlt Raffi Kantian, der ebenfalls als armenischer Student aus Istanbul nach Deutschland gekommen war, nachdem er dort das deutsche Gymnasium absolviert hatte.

Nahezu vollkommen vergessene Geschichte

Doch obwohl es mittlerweile eine ansehnliche armenische Gemeinde und etliche armenische Vereine in Deutschland gibt, belastet der VթƒԹԳlkermord von 1915 die Armenier in Deutschland immer noch. Jahrzehntelang war die Geschichte der Armenier in Deutschland nahezu vollkommen vergessen. Als dann in den 1980er Jahren wieder darթƒԹԶber gesprochen wurde, geriet die VթƒԹԳlkermorddiskussion in das Dickicht zwischen deutscher und tթƒԹԶrkischer Politik und den in Deutschland lebenden Migranten.

Da der tթƒԹԶrkische Staat nach wie vor vehement bestreitet, dass 1915 an den Armeniern ein VթƒԹԳlkermord begangen wurde, und offizielle Vertreter der TթƒԹԶrkei auch in Deutschland sofort auf den Plan traten, wenn diese Bezeichnung թƒԹԳffentlich verwendet wurde, hielt sich die deutsche Politik bei dem Thema vornehm zurթƒԹԶck.

WթƒԹ)hrend in diversen LթƒԹ)ndern, allen voran Frankreich, die Parlamente Resolutionen zur Anerkennung des VթƒԹԳlkermords verabschiedeten, erklթƒԹ)rte sich der Bundestag lange fթƒԹԶr nicht zustթƒԹ)ndig. Eine Petition, die die deutsch-armenische Gesellschaft zusammen mit anderen armenischen Organisationen 2000 an den Bundestag mit der Aufforderung schickte, ebenfalls den VթƒԹԳlkermord anzuerkennen, verlief noch im bթƒԹԶrokratischen Sande. Einzig die damals noch als PDS im Bundestag vertretene Linke machte sich das Ansinnen zu eigen und nannte auch erstmals deutlich das deutsche Mitverschulden.

Doch der Antrag der PDS hatte ebenfalls erst einmal keinen Erfolg. Aber die Debatte lieթƒժԴ sich nicht mehr stoppen. Im April 2004, zwei Tage vor dem offiziellen VթƒԹԳlkermordgedenken am 24.թ‚Թ April, reiste der damalige AuթƒժԴenminister Joschka Fischer nach Jerewan und besuchte das dortige Genozidmahnmal.

Historischer Wendepunkt

Im Februar 2005, in dem Jahr, in dem sich der VթƒԹԳlkermord zum 90. Mal jթƒԹ)hrte, machte dann die CDU auf DrթƒԹ)ngen des frթƒԹԶheren MinisterprթƒԹ)sidenten von Sachsen-Anhalt, Christoph Bergner, einen neuen Anlauf fթƒԹԶr eine Resolution. Die Initiative fթƒԹԶhrte dann tatsթƒԹ)chlich zu der BundestagsentschlieթƒժԴung vom April 2005, in der sich alle Fraktionen zu der թ§Չ‚-ժԷErinnerung und dem Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915թ§Չ‚-ժ“ bekannten und sich selbst dazu aufforderten, zur VersթƒԹԳhnung zwischen TթƒԹԶrken und Armeniern beizutragen.

թ§Չ‚-ժԷFթƒԹԶr uns war das ein historischer Wendepunktթ§Չ‚-ժ“, sagt Raffi Kantian heute, թ§Չ‚-ժԷauch wenn der Begriff VթƒԹԳlkermord nach wie vor vermieden wurde.թ§Չ‚-ժ“ In der gemeinsamen EntschlieթƒժԴung bedauern alle Fraktionen die թ§Չ‚-ժԷunrթƒԹԶhmliche Rolle des Deutschen Reiches, das angesichts der vielfթƒԹ)ltigen Informationen թƒԹԶber die organisierte Vertreibung und Vernichtung von Armeniern nicht einmal versucht hat, die GrթƒԹ)uel zu stoppenթ§Չ‚-ժ“. Das ist von Deutschland aus immer noch der letzte Stand. Viele Armenier թƒԹ)rgern sich, dass die Bundesregierung nach wie vor den Terminus թ§Չ‚-ժԷVթƒԹԳlkermordթ§Չ‚-ժ“ vermeidet, zuletzt immer mit dem Hinweis darauf, das wթƒԹԶrde die in der TթƒԹԶrkei seit einigen Jahren ebenfalls begonnene Debatte nur unnթƒԹԳtig belasten.

Das Argument ist nicht ganz falsch, viele Armenier haben aber nicht zu Unrecht das GefթƒԹԶhl, dass das offizielle Deutschland sich auch hinter dieser Position bequem verschanzt. Andernfalls mթƒԹԶsste die Bundesregierung mehr tun, um diejenigen tթƒԹԶrkischen Wissenschaftler und Aktivisten zu unterstթƒԹԶtzen, die die Debatte innerhalb der TթƒԹԶrkei fթƒԹԶhren. Die nach dem ermordeten armenischen Journalisten Hrand Dink benannte Stiftung kթƒԹԳnnte jedenfalls gut mehr UnterstթƒԹԶtzung gebrauchen.

Ob im kommenden April, zum 100. Jahrestag des Gedenkens an den VթƒԹԳlkermord, in Berlin vom Parlament oder der Regierung noch einmal eine Stellungnahme kommen wird, թ§Չ‚-ժԷist noch nicht abzusehenթ§Չ‚-ժ“, sagt Raffi Kantian. Das wird wohl auch da

Das Buch

Deutsch-Armenische Gesellschaft (Hg.): թ§Չ‚-ժԷ100 Jahre Deutsch-Armenische Gesellschaft. Erinnern. Gedenken. Gestaltenթ§Չ‚-ժ“. Frankfurt am Main 2014

http://www.taz.de/Voelkermord-im-Osmanischen-Reich/!144780/

 

von abhթƒԹ)ngen, wie die deutsch-tթƒԹԶrkischen Beziehungen im kommenden Jahr aussehen werden

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