{"id":6510,"date":"2011-08-18T14:53:39","date_gmt":"2011-08-18T14:53:39","guid":{"rendered":"http:\/\/www.aaeurop.com\/?p=6510"},"modified":"2011-08-18T14:53:39","modified_gmt":"2011-08-18T14:53:39","slug":"brief-einer-schulerin-aus-berg-karabach-an-den-prasidenten-der-republik-azerbaidschan","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.aaeurop.com\/?p=6510","title":{"rendered":"Brief einer Sch\u0569\u0083\u0539\u0536lerin aus Berg-Karabach an den Pr\u0569\u0083\u0539)sidenten der Republik Azerbaidschan"},"content":{"rendered":"
Sehr geehrter Herr Pr\u0569\u0083\u0539)sident,<\/p>\n
es schreibt Ihnen Adelina Awagimyan, eine Sch\u0569\u0083\u0539\u0536lerin aus Berg-Karabach.<\/p>\n
Meine Absicht, Ihnen einen Brief zu schreiben, habe ich keinem verraten. Ich habe lange dar\u0569\u0083\u0539\u0536ber nachgedacht, ob ich schreiben soll oder nicht? Ich habe mich dazu entschschlossen, zu schreiben.<\/p>\n
Ich wurde geboren und lebe in der Stadt Stepanakert. Mein Land liebe ich sehr, denn Karabach ist meine Heimat, hier bin ich geboren worden und hier lebe ich. Hier sind meine Mutter und mein Vater geboren worden, auch meine Gro\u0569\u0083\u056a\u0534m\u0569\u0083\u0539\u0536tter und meine Gro\u0569\u0083\u056a\u0534v\u0569\u0083\u0539)ter. Deren Gro\u0569\u0083\u056a\u0534v\u0569\u0083\u0539)ter und Gro\u0569\u0083\u056a\u0534m\u0569\u0083\u0539\u0536tter sind ebenfalls hier geboren worden (vermutlich wissen Sie, dass in fr\u0569\u0083\u0539\u0536heren Zeiten, als unser Land einer der Provinzen Armeniens war, den Namen Arzach trug). Ich habe viele Freunde und sie lieben ihre Heimat genauso wie ich… Ihnen, Herr Pr\u0569\u0083\u0539)sident, m\u0569\u0083\u0539\u0533chte ich aber doch \u0569\u0083\u0539\u0536ber etwas anderes schreiben.<\/p>\n
<\/p>\n
Ich habe – wie viele andere auch – eigene Fragen und Probleme, und ich bem\u0569\u0083\u0539\u0536he mich, soweit das m\u0569\u0083\u0539\u0533glich ist, sie zu l\u0569\u0083\u0539\u0533sen. In meiner Freizeit aber denke ich \u0569\u0083\u0539\u0536ber viele andere Dinge nach: \u0569\u0083\u056a\u0093ber das menschliche Leben, \u0569\u0083\u0539\u0536ber das Gl\u0569\u0083\u0539\u0536ck, \u0569\u0083\u0539\u0536ber meine Altersgenossen, die sehr weit weg von meiner Heimat leben, \u0569\u0083\u0539\u0536ber ihr Land, das sich von unserem unterscheidet. Nachts schaue ich oft in den Himmel und dabei kommt mir der Gedanke, ob weit weg von uns Planeten existieren, auf denen Menschen leben? … Mein Opa sagt, dass auch er in seiner Kindheit nachts den Sternenhimmel beobachtete und \u0569\u0083\u0539\u0536ber dasselbe nachgedachte… Ich denke auch \u0569\u0083\u0539\u0536ber meine Zeitgenossen nach, insbesondere auch \u0569\u0083\u0539\u0536ber diejenigen, die in ihrem Leben mehr Leid als Freude erfahren haben. Ich w\u0569\u0083\u0539\u0536nsche mir sehr, dass es allen gut gehen m\u0569\u0083\u0539\u0533ge, dass sie keine schweren Zeiten durchmachen und dass alle gl\u0569\u0083\u0539\u0536cklich sind.<\/p>\n
Herr Pr\u0569\u0083\u0539)sident, jedes Mal, wenn ich den Fernseher einschalte, wenn ich mir Zeitungen anschaue oder mir die Erz\u0569\u0083\u0539)hlungen der Erwachsenen anh\u0569\u0083\u0539\u0533re, wundere ich mich. Denn ich erfahre immer wieder, dass Sie viel \u0569\u0083\u0539\u0536ber Karabach reden und \u0569\u0083\u0539\u0536ber einen Krieg. Und ich habe den Eindruck, dass Sie keine anderen Gedanken haben und \u0569\u0083\u0539\u0536ber nichts Anderes nachdenken k\u0569\u0083\u0539\u0533nnen. Es scheint mir so, als ob Sie keine andere Probleme haben und keinen anderen Herausforderungen entgegens\u0569\u0083\u0539)hen. Dass es nichts g\u0569\u0083\u0539)be in der Welt, dass Sie bewegt.<\/p>\n
In meinem jungen Leben habe ich nie einen Azerbaidschaner gesehen, ich denke wenig \u0569\u0083\u0539\u0536ber Sie und Ihr Land nach. Meine Eltern besch\u0569\u0083\u0539)ftigen sich auch nicht mit Ihnen und Ihrem Land. Ich begreife nicht, was Sie von unserem Land wollen? Ich habe geh\u0569\u0083\u0539\u0533rt, dass Sie nie hier in Arzach, in Karabach waren. Sie haben nie unser Kloster Gandzasar gesehen, unser Dadiwank, Amaras, aber Sie denken st\u0569\u0083\u0539)ndig dar\u0569\u0083\u0539\u0536ber nach, wie Sie unser Land erobern k\u0569\u0083\u0539\u0533nnten. Ich verstehe das nicht: Gen\u0569\u0083\u0539\u0536gen Ihnen Ihre L\u0569\u0083\u0539)ndereien nicht? Wozu brauchen Sie Karabach? Von meinem Opa habe ich erz\u0569\u0083\u0539)hlt bekommen, dass vor dem Krieg, sogar 50 oder 100 Jahre zuvor, als es hier noch Azerbaidschaner gab, dass sie ihre Toten nicht hier bei uns begraben wollten. Sie wurden nach ihrem Tod aus Karabach weggebracht und in ihrer echten Heimat bestattet. Denn sie wussten, dass dies nicht ihre Heimat ist, nicht ihr Land. Deswegen gibt es hier kaum azerbaidschanische Friedh\u0569\u0083\u0539\u0533fe…<\/p>\n
Mein Vater ist Kriegsveteran. Er hat an dem azerbaidschanisch-karabachischen Krieg teilgenommen. Ich selbst habe den Krieg nicht miterlebt. Doch aus den Er\u0569\u0083\u0539)hlungen der Erwachsenen wei\u0569\u0083\u056a\u0534 ich, dass Krieg schlecht und furchtbar ist. Und ich w\u0569\u0083\u0539\u0536nsche mir nicht, einen Krieg mitzuerleben. Und ich bin \u0569\u0083\u0539\u0536berzeugt, dass auch kein azerbaidschanisches Kind sich einen Krieg w\u0569\u0083\u0539\u0536nscht. Doch h\u0569\u0083\u0539\u0533re ich von den Erwachsenen st\u0569\u0083\u0539)ndig, dass wenn es wieder einen Krieg geben w\u0569\u0083\u0539\u0536rde, w\u0569\u0083\u0539\u0536rden sie wie zuv\u0569\u0090\u0539\u0537r ihr eigenes Land verteidigen. Einer meiner Freunde sagt mir, dass wenn man ihm nicht erlauben w\u0569\u0083\u0539\u0536rde, eine Waffe zu tragen, w\u0569\u0083\u0539\u0536rde er – \u0569\u0083\u0539)hnlich wie der franz\u0569\u0083\u0539\u0533sische Gavroche – den Erwachsenen bei der Verteidigung unserer Heimat helfen. Ich selbst werde ebenfalls meinen Eltern helfen, soviel wie meine Kr\u0569\u0083\u0539)fte ausreichen werden…<\/p>\n
Von den Erwachsenen, von verschiedenen Leuten habe ich geh\u0569\u0083\u0539\u0533rt, wie damals alles geschehen ist. Die Bew\u0569\u0083\u0539\u0533lkerung Arzachs ist friedlich auf die Strasse gegangen und hat demonstriert. Sie sagten, dass es ihr Wille sei, dass unser Arzach sich mit dem armenischen Mutterland vereinige. Denn Azerbaidschan war uns ein fremdes Land und 70 Jahre zuvor hat unser Herrscher namens Stalin unser Land mit Absicht Azerbaidschan zugeschlagen. Als Antwort darauf begannen Ihre Landsleute in Sumgait, in Kirovabad, in Baku und anderen St\u0569\u0083\u0539)dten die Armenier zu t\u0569\u0083\u0539\u0533ten und aus ihren H\u0569\u0083\u0539)usern und Wohnungen zu vertreiben. Und das gen\u0569\u0083\u0539\u0536gte ihnen nicht. Ihr Vater, Herr Pr\u0569\u0083\u0539)sident, f\u0569\u0083\u0539\u0536hrte einen Krieg gegen meine Heimat Arzach. Und obwohl er sehr stark war, viele Soldaten und Panzer hatte, verlor er diesen Krieg.<\/p>\n
Ich habe die Erwachsenen gefragt, wie es denn m\u0569\u0083\u0539\u0533glich ist, dass so ein Starker verliert, und sie haben mir geantwortet, dass wir unser Land verteidigten, unsere Heimat, die Azerbaidschaner aber griffen an, um unser Land zu erobern, um uns unser Leben und unsere Freiheit zu nehmen…<\/p>\n
Wenn Sie erneut einen Krieg anfangen, um unser Land zu erobern, wird das gesamte armenische Volk aufstehen und ihre Heimat verteidigen. Doch bin ich \u0569\u0083\u0539\u0536berzeugt, dass, wenn Sie einen Krieg anfangen, Ihre Kinder, Ihre Verwandten und Freunde sich an diesem Krieg nicht beteiligen werden. In diesen Krieg werden Sie die einfache azerbaidschanische Jugend hineinschicken. Ich wei\u0569\u0083\u056a\u0534 auch, dass wenn es einen Krieg geben wird, viele von uns, auch Frauen und Kinder, sterben werden, viele Kinder werden zu Waisen. Aber in diesem Krieg werden auch viele tausende azerbaischanische Jugendliche sterben und viele azerbaidschanische Kinder werden ebenfalls zu Waisen werden. Wollen Sie das? Denken Sie deswegen jeden Morgen \u0569\u0083\u0539\u0536ber den Krieg und die Eroberung Karabachs nach?<\/p>\n
Warum kaufen Sie die ganze Zeit Waffen? Mit diesen Geldern k\u0569\u0083\u0539\u0533nnten Sie doch ein solches Leben in Ihrem Land aufbauen, dass Ihr Volk (besonders die, die wegen des vorherigen Krieges, dass Ihr Vater angezettelt hat, zu Fl\u0569\u0083\u0539\u0536chtlingen wurden) gl\u0569\u0083\u0539\u0536cklich lebe und keine Sorgen und Probleme habe. Ist das nicht besser, als Menschen an die Front zu schicken?<\/p>\n
Ich w\u0569\u0083\u0539\u0536nsche mir sehr, dass Sie auf meinen Brief antworten und mir ehrlich sagen, warum Sie meine Heimat, die Ihnen nicht geh\u0569\u0083\u0539\u0533rt, erobern wollen. Haben Sie nicht genug eigenes Land?<\/p>\n
Adelina Awagimyan<\/p>\n
13 Jahre alt<\/p>\n
Republik Berg-Karabach<\/p>\n
Stepanakert<\/p>\n
10.08.2011<\/p>\n
armenieninfo.net<\/p>\n
photo by armenianow.com<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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