{"id":16375,"date":"2015-04-03T18:21:19","date_gmt":"2015-04-03T18:21:19","guid":{"rendered":"http:\/\/www.aaeurop.com\/?p=16375"},"modified":"2015-04-03T18:21:19","modified_gmt":"2015-04-03T18:21:19","slug":"grose-koalition-streicht-das-wort-volkermord","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.aaeurop.com\/?p=16375","title":{"rendered":"Gro\u0569\u0083\u056a\u0534e Koalition streicht das Wort V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord"},"content":{"rendered":"
Am 24. April vor hundert Jahren begann der V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord an den Armeniern. Im Bundestag sollte dem so gedacht werden \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c dann schritten die Spitzen von Union und SPD ein. von\u0569\u0082\u0539\u00a0Cordula Eubel und Hans Monath<\/span><\/p>\n Kurz vor dem 100-j\u0569\u0083\u0539)hrigen Jahrestag des Genozids an den Armeniern<\/a> gibt es im Bundestag Streit \u0569\u0083\u0539\u0536ber ein angemessenes Gedenken. W\u0569\u0083\u0539)hrend Gr\u0569\u0083\u0539\u0536ne und Linke sich daf\u0569\u0083\u0539\u0536r aussprechen, den V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord als solchen zu benennen, gibt es in der Bundesregierung und den Spitzen der Koalitionsfraktionen Vorbehalte dagegen. Offenbar f\u0569\u0083\u0539\u0536rchtet man den Konflikt mit der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei<\/a>, die bis heute die Einstufung der damaligen Massaker als V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord ablehnt.<\/p>\n Am 24. April ist anl\u0569\u0083\u0539)sslich des Jahrestags eine einst\u0569\u0083\u0539\u0536ndige Debatte im Bundestag verabredet. Doch in dem gemeinsamen Antragsentwurf, den Union und SPD zu diesem Termin einbringen wollen, taucht das Wort V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord nur in der Begr\u0569\u0083\u0539\u0536ndung auf \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c so wie in einer fraktions\u0569\u0083\u0539\u0536bergreifenden Resolution<\/a>, die bereits vor zehn Jahren im Bundestag verabschiedet wurde.<\/p>\n Dabei bezeichnen zahlreiche Parlamente sowie L\u0569\u0083\u0539)nder, darunter Frankreich, die Vertreibung und Vernichtung der Armenier heute als V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord. Vor hundert Jahren, am 24. April 1915, wurde im damaligen Osmanischen Reich auf Befehl der jungt\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen Bewegung die armenische politische und kulturelle Elite Istanbuls verhaftet, ins Landesinnere verschleppt und gr\u0569\u0083\u0539\u0533\u0569\u0083\u056a\u0534tenteils ermordet.<\/p>\n In der Folge kam es zu zahlreichen weiteren Deportationen und Massakern. Nach Berechnungen von Historikern fielen diesen \u0569\u0083\u0539\u0536ber eine Million Armenier zum Opfer. Nach armenischen Angaben kamen damals 1,5 Millionen Menschen ums Leben. Die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei<\/a> als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs h\u0569\u0083\u0539)lt diese Zahl f\u0569\u0083\u0539\u0536r \u0569\u0083\u0539\u0536berh\u0569\u0083\u0539\u0533ht und bestreitet bis heute, dass es sich um einen V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord gehandelt habe. Die offizielle Darstellung lautet, dass bei einer Zwangsumsiedlung der Armenier viele Menschen ums Leben gekommen seien.<\/p>\n Im Bundestag hatte in den vergangenen Monaten eine informelle Arbeitsgruppe mit Politikern aus allen vier Fraktionen dar\u0569\u0083\u0539\u0536ber beraten, wie man mit dem Jahrestag umgehen wolle. F\u0569\u0083\u0539\u0536r den Gr\u0569\u0083\u0539\u0536nen-Abgeordneten Cem \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093zdemir und die Linken-Politikerin Petra Pau war dabei klar, dass sie mit ihren jeweiligen Fraktionen den V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord auch als solchen bezeichnen wollen. Doch auch die zust\u0569\u0083\u0539)ndigen Berichterstatter von Union und SPD, Christoph Bergner und Dietmar Nietan, wollten zum hundertsten Jahrestag weiter gehen als noch vor zehn Jahren.<\/p>\n In dem gemeinsamen Text, den sie Ende vergangener Woche formuliert hatten, stand das Wort V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord in der \u0569\u0083\u056a\u0093berschrift. Doch nach \u0569\u0083\u056a\u0093berarbeitung durch die Fraktionsspitzen und das Ausw\u0569\u0083\u0539)rtige Amt ist der umstrittene Begriff mittlerweile wieder verschwunden. Offenbar bef\u0569\u0083\u0539\u0536rchtet man dort, dass der Affront gegen\u0569\u0083\u0539\u0536ber der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei zu einem ung\u0569\u0083\u0539\u0536nstigen Zeitpunkt k\u0569\u0083\u0539)me. Im Juni stehen dort Wahlen an. Au\u0569\u0083\u056a\u0534erdem wird die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei als Partner im Kampf gegen die Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) ben\u0569\u0083\u0539\u0533tigt. Endg\u0569\u0083\u0539\u0536ltig werden die Koalitionsabgeordneten bei ihrer n\u0569\u0083\u0539)chsten Fraktionssitzung am 21. April \u0569\u0083\u0539\u0536ber den Antrag abstimmen. Doch es gilt als wahrscheinlich, dass der Begriff V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord erneut nur in der Begr\u0569\u0083\u0539\u0536ndung genannt wird.<\/p>\n Der SPD-Politiker Nietan findet das bedauerlich. “Ich pers\u0569\u0083\u0539\u0533nlich bin entt\u0569\u0083\u0539)uscht, dass es anscheinend an entscheidender Stelle an Mut fehlt, einmal auszusprechen, was wirklich geschehen ist”, sagt er. Er halte es nicht f\u0569\u0083\u0539\u0536r hilfreich, sich dem Druck aus der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei zu beugen und das Wort V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord nicht auszusprechen. In den letzten vergangenen zehn Jahren habe sich auch dort die Debatte ver\u0569\u0083\u0539)ndert, sagt Nietan. “Wenn das deutsche Parlament den V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord offen benennt, w\u0569\u0083\u0539\u0536rden wir auch denjenigen in der Zivilgesellschaft in der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei den R\u0569\u0083\u0539\u0536cken st\u0569\u0083\u0539)rken, die sich f\u0569\u0083\u0539\u0536r eine Aufarbeitung einsetzen.”<\/p>\n Auch sein CDU-Kollege Bergner findet, “dass wir versuchen sollten, die Dimension, welche die Ereignisse vor 100 Jahren hatten, klar zu benennen”. F\u0569\u0083\u0539\u0536r die Entwicklung der UN-Konvention gegen V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord seien die Massenmorde an den Armenien ein wichtiger Ankerpunkt gewesen.<\/p>\n Gro\u0569\u0083\u056a\u0534e Koalition streicht das Wort V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord<\/span><\/p>\n Im Ausw\u0569\u0083\u0539)rtigen Amt hei\u0569\u0083\u056a\u0534t es hingegen, eine Erinnerungskultur k\u0569\u0083\u0539\u0533nne nicht “von au\u0569\u0083\u056a\u0534en und oben verordnet werden”, wie der Staatsminister f\u0569\u0083\u0539\u0536r Europa, Michael Roth, sagt. Sie brauche Raum und Zeit, um in der jeweiligen Gesellschaft zu wachsen. “Wir begr\u0569\u0083\u0539\u0536\u0569\u0083\u056a\u0534en, dass das unendliche Leid, die Vertreibung und die Ermordung der Armenier seit einigen Jahren in der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei kein Tabu mehr darstellen und dar\u0569\u0083\u0539\u0536ber \u0569\u0083\u0539\u0533ffentlich, auch kritisch, diskutiert wird”, sagt der SPD-Politiker.<\/p>\n Die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei und Armenien ermutige man, in ihrem Bem\u0569\u0083\u0539\u0536hen um Ann\u0569\u0083\u0539)herung nicht nachzulassen, ohne Vorbedingungen an die jeweils andere Seite. Die Bundesregierung setze sich “mit Nachdruck” daf\u0569\u0083\u0539\u0536r ein, dass die Massaker und Vertreibungen an den Armeniern in den Jahren 1915\/16 im Rahmen einer umfassenden wissenschaftlichen Debatte erforscht und bewertet w\u0569\u0083\u0539\u0536rden. “Uns ist es wichtig, zur Verst\u0569\u0083\u0539)ndigung und Vers\u0569\u0083\u0539\u0533hnung zwischen Armeniern und T\u0569\u0083\u0539\u0536rken beizutragen, indem wir auch weiterhin Projekte des Dialogs und Austauschs f\u0569\u0083\u0539\u0533rdern”, sagte Roth weiter.<\/p>\n Der Gr\u0569\u0083\u0539\u0536nen-Vorsitzende \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093zdemir h\u0569\u0083\u0539)lt dies jedoch nicht f\u0569\u0083\u0539\u0536r ausreichend. Er kritisiert, dass die Bundesregierung auch 100 Jahre nach dem Genozid nicht bereit sei, den V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord beim Namen zu nennen<\/a>. “Dabei steht die Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Kaiserreiches und damit des damals engsten Verb\u0569\u0083\u0539\u0536ndeten des Osmanischen Reiches in der Mitverantwortung”, sagt er. Als milit\u0569\u0083\u0539)rischer Hauptverb\u0569\u0083\u0539\u0536ndeter war das Deutsche Reich damals \u0569\u0083\u0539\u0536ber die Vertreibungen und Ermordungen der Armenier informiert, die Reichsleitung unterlie\u0569\u0083\u056a\u0534 es aber, auf den Partner Druck auszu\u0569\u0083\u0539\u0536ben.<\/p>\n Der t\u0569\u0083\u0539\u0536rkisch-st\u0569\u0083\u0539)mmige Politiker \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093zdemir war Mitte M\u0569\u0083\u0539)rz zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Ekin Delig\u0569\u0083\u0539\u0533z zu einem dreit\u0569\u0083\u0539)gigen Besuch in Armenien<\/a>. Auf seiner Reise sei er gefragt worden, ob neben Frankreichs Pr\u0569\u0083\u0539)sident Fran\u0569\u0083\u0539\u00abois Hollande auch Kanzlerin Angela Merkel nach Eriwan zur Gedenkfeier am 24. April reise, berichtet \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093zdemir. Dass f\u0569\u0083\u0539\u0536r die Bundesregierung Staatsminister Roth teilnehme, werde dem Anlass nicht gerecht, kritisiert er. “Aus falscher R\u0569\u0083\u0539\u0536cksichtnahme auf Herrn Erdo\u0569\u0084\u056a\u0534an spielt die Bundesregierung den V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord an den Armeniern runter \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c ein w\u0569\u0083\u0539\u0536rdevolles Verhalten gegen\u0569\u0083\u0539\u0536ber den Opfern und ihren Nachfahren sieht anders aus.”<\/p>\n Besonders frappierend findet \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093zdemir, dass Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sich wegducke. “Sonst sieht er sich als Anwalt bedr\u0569\u0083\u0539)ngter Christen weltweit, aber zum Genozid am \u0569\u0083\u0539)ltesten christlichen Volk der Welt, dessen Leid wir als Verb\u0569\u0083\u0539\u0536ndeter damals nicht verhindert haben, ist nichts von ihm zu h\u0569\u0083\u0539\u0533ren.”<\/p>\n In die Bundestagsdebatte zum Gedenktag am 24. April werden die Koalitionsfraktionen und die Opposition mit drei verschiedenen Antr\u0569\u0083\u0539)gen gehen. Doch es sei nicht ausgeschlossen, dass man sich wom\u0569\u0083\u0539\u0533glich nach den Beratungen im Ausw\u0569\u0083\u0539)rtigen Ausschuss auf einen gemeinsamen Antrag verst\u0569\u0083\u0539)ndigen k\u0569\u0083\u0539\u0533nne, hei\u0569\u0083\u056a\u0534t es. Das w\u0569\u0083\u0539\u0536rde allerdings voraussetzen, dass auch die Abgeordneten von SPD und Union bereit sind, den V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord eindeutig als solchen zu benennen. Gr\u0569\u0083\u0539\u0536ne und Linke im Bundestag w\u0569\u0083\u0539\u0536rden au\u0569\u0083\u056a\u0534erdem gerne eine \u0569\u0083\u0539\u0533ffentliche Anh\u0569\u0083\u0539\u0533rung mit Experten zu dem Thema durchsetzen. Doch ob dies von den Koalitionsfraktionen unterst\u0569\u0083\u0539\u0536tzt wird, ist noch offen.<\/p>\n Gr\u0569\u0083\u0539\u0536nen-Chef \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093zdemir jedenfalls findet, dass Deutschland mit seinem Einlenken viel Positives in der Region bewegen k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte. “Es w\u0569\u0083\u0539\u0536rde den Druck auf Ankara erh\u0569\u0083\u0539\u0533hen, die Beziehung zu Armenien zu normalisieren und die Grenze zu \u0569\u0083\u0539\u0533ffnen. Die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte zwischen Armenien und Aserbaidschan im Konflikt um Berg-Karabach vermitteln, das Wettr\u0569\u0083\u0539\u0536sten der Kaukasusrepubliken eind\u0569\u0083\u0539)mmen”, sagt er. Anstatt Armenien weiter in die Arme Russlands zu treiben, k\u0569\u0083\u0539\u0533nne die Grenz\u0569\u0083\u0539\u0533ffnung zur T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei f\u0569\u0083\u0539\u0536r Eriwan auch ein Tor nach Europa werden, erwartet der Gr\u0569\u0083\u0539\u0536nen-Politiker.<\/p>\n Erschienen im Tagesspiegel<\/em><\/a><\/p>\n zeit.de<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Am 24. April vor hundert Jahren begann der V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord an den Armeniern. Im Bundestag sollte dem so gedacht werden \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c dann schritten die Spitzen von Union und SPD ein. von\u0569\u0082\u0539\u00a0Cordula Eubel und Hans Monath Kurz […]<\/a><\/p>\n<\/div><\/div><\/div><\/div><\/div><\/div><\/div><\/div>","protected":false},"author":1,"featured_media":16376,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_kadence_starter_templates_imported_post":false,"footnotes":""},"categories":[10],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=\/wp\/v2\/posts\/16375"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=%2Fwp%2Fv2%2Fcomments&post=16375"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=\/wp\/v2\/posts\/16375\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=\/wp\/v2\/media\/16376"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=%2Fwp%2Fv2%2Fmedia&parent=16375"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=%2Fwp%2Fv2%2Fcategories&post=16375"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.aaeurop.com\/index.php?rest_route=%2Fwp%2Fv2%2Ftags&post=16375"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}An entscheidender Stelle fehlte der Mut<\/h2>\n
Falsche R\u0569\u0083\u0539\u0536cksicht auf Erdo\u0569\u0084\u056a\u0534an?<\/h1>\n<\/div>\n
Deutschland k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte Druck auf Ankara erh\u0569\u0083\u0539\u0533hen<\/h2>\n