{"id":14282,"date":"2013-10-07T16:44:04","date_gmt":"2013-10-07T16:44:04","guid":{"rendered":"http:\/\/www.aaeurop.com\/?p=14282"},"modified":"2013-10-07T16:44:04","modified_gmt":"2013-10-07T16:44:04","slug":"die-armenischen-verbande-mussen-fur-2015-ein-breites-bundnis-schaffen-interview-mit-dr-nikolaus-brauns","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.aaeurop.com\/?p=14282","title":{"rendered":"\u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0537Die armenischen Verb\u0569\u0083\u0539)nde m\u0569\u0083\u0539\u0536ssen f\u0569\u0083\u0539\u0536r 2015 ein breites B\u0569\u0083\u0539\u0536ndnis schaffen\u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0093 – Interview mit Dr. Nikolaus Brauns"},"content":{"rendered":"
| Donnerstag, den 26. September 2013 um 16:29 Uhr<\/td>\n<\/tr>\n |
| <\/p>\n Deutschland hat lange Zeit zum V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord an den Armeniern geschwiegen. Erst 2005 hat der Bundestag in einem Beschluss das Verbrechen im Osmanischen Reich verurteilt und zugleich auch eingestanden, dass die kaiserliche Regierung w\u0569\u0083\u0539)hrend des 1. Weltkrieges eine \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0537unr\u0569\u0083\u0539\u0536hmliche Rolle\u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0093 gespielt hatte, als Armenier und Assyrer einer systematischen Vernichtungspolitik der verb\u0569\u0083\u0539\u0536ndeten t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen Regierung zum Opfer fielen.<\/p>\n Am 13. September 2013 fand in Hamburg eine Veranstaltung mit dem Historiker und Journalisten Dr. Nikolaus Brauns statt. Er sprach dort \u0569\u0083\u0539\u0536ber die Frage, ob sich Deutschland seiner Verantwortung bei der Aufarbeitung des V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermords an den Armeniern gestellt habe. Dr. Brauns, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (DieLinke) t\u0569\u0083\u0539)tig ist, \u0569\u0083\u0539)u\u0569\u0083\u056a\u0534erte sich in einem Interview mit ArmenienInfo.net zu der Entwicklung seit dem Bundestagsbeschluss vom Juni 2005 und den Aussichten, 2015 das Thema V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord im Osmanischen Reich erneut auf die politische Tagesordnung zu bringen.<\/p>\n \u0569\u0082\u0539\u00a0<\/strong><\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Das Europ\u0569\u0083\u0539)ische Parlament hat bereits 1987 den Genozid an den Armeniern anerkannt, auch verschiedene nationale Parlamente in Europa und au\u0569\u0083\u056a\u0534erhalb Europas haben dies getan; aber in Deutschland kam das Thema erst 2005 auf die Tagesordnung des Bundestags. Warum hat es so lange gedauert, bis auch Deutschland sich der Frage des Genozids an den Armeniern gestellt hat?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Deutschland hatte, wie es in der Bundestagsresolution hei\u0569\u0083\u056a\u0534t, w\u0569\u0083\u0539)hrend des Genozids eine unr\u0569\u0083\u0539\u0536hmliche Rolle gespielt. Oder man k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte besser sagen, Deutschland hat geschwiegen, w\u0569\u0083\u0539)hrend das Osmanische Reich, die jungt\u0569\u0083\u0539\u0536rkische F\u0569\u0083\u0539\u0536hrung als engster Kriegspartner diesen Genozid begangen haben. Einzelne deutsche Offiziere und Beamte der Bagdad-Bahn waren sogar aktiv beteiligt: durch Deportationsbefehle, durch die Beschie\u0569\u0083\u056a\u0534ung armenischer Viertel und dergleichen. So etwas ist nat\u0569\u0083\u0539\u0536rlich nichts, womit sich die deutsche Politik und auch die deutsch \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093ffentlichkeit besonders gerne besch\u0569\u0083\u0539)ftigt.<\/p>\n Auch dass es inzwischen eine breite Besch\u0569\u0083\u0539)ftigung mit dem Holocaust in Deutschland gibt, war nichts, was aus sich selbst heraus, aus dem Wunsch der Bev\u0569\u0083\u0539\u0533lkerung gekommen ist, sondern war letztendlich dem Umstand geschuldet, dass Deutschland den Krieg verloren hat, dass vom Ausland Druck gemacht wurde, dass viele Deutsche eben mit den Verbrechen, mit ihren Verbrechen oder den Verbrechen ihrer V\u0569\u0083\u0539)ter oder Gro\u0569\u0083\u056a\u0534v\u0569\u0083\u0539)ter zwangsweise konfrontiert wurden. Sp\u0569\u0083\u0539)testens die 68er Generation war dann bereit, sich freiwillig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aber etwas Derartiges hatten wir beim Armenier-Genozid nicht. Es fehlte der Druck auf Deutschland, es fehlte aber auch eine kritische \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093ffentlichkeit in Deutschland, die \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt ein Bewusstsein f\u0569\u0083\u0539\u0536r dieses Thema entwickelt hatte.<\/p>\n Dazu kommen nat\u0569\u0083\u0539\u0536rlich die exzellenten Beziehungen zur T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei, so dass gerade in dieser Richtung alles vermieden wurde, was den Nato-Partner, den Wirtschaftspartner T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei provozieren k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte. Und wenn man von der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei redet, geht es hier auch um die t\u0569\u0083\u0539\u0536rkeist\u0569\u0083\u0539)mmige Diaspora in Deutschland, die sehr stark organisiert ist in Lobbyverb\u0569\u0083\u0539)nden. Da \u0569\u0083\u0539\u0536berlegt sich jeder deutsche Politiker nat\u0569\u0083\u0539\u0536rlich zweimal, ob er sich mit dieser Lobby, die viele W\u0569\u0083\u0539)hlerstimmen bedeutet, unbedingt anlegen will.<\/p>\n Es stimmt allerdings nicht, dass sich der Bundestag erst 2005 mit dem Thema besch\u0569\u0083\u0539)ftigt hat. Schon im Jahr 2000 lag dem Petitionsausschuss des Bundestags eine von 16.000 zumeist t\u0569\u0083\u0539\u0536rkeist\u0569\u0083\u0539)mmigen Deutschen oder in Deutschland lebenden T\u0569\u0083\u0539\u0536rken und Kurden unterzeichnete Petition vor, wo es darum ging, den Genozid als solchen anzuerkennen.\u0569\u0082\u0539\u00a0 Damals hat der Petitionsausschuss in Abstimmung mit dem Ausw\u0569\u0083\u0539)rtigem Amt gesagt, diese Petition oder wenn man diese Petition erf\u0569\u0083\u0539\u0536llt, w\u0569\u0083\u0539)re nicht geeignet, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, und es w\u0569\u0083\u0539)re auch nicht die Angelegenheit des Bundestages. Es sollten sich doch die betroffenen Staaten T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei und Armenien darum k\u0569\u0083\u0539\u0536mmern.<\/p>\n Und 2002 hat dann der PDS-Abgeordnete Uwe Hiksch versucht, einen fraktions\u0569\u0083\u0539\u0536bergreifenden Antrag einzubringen. Weil sich doch zeigte, dass eigentlich in allen Fraktionen wohlwollende Menschen gibt, die sich mit dem Thema auskennen, die nicht daran zweifeln, dass es ein Genozid war, die vielleicht bereit gewesen w\u0569\u0083\u0539)ren, \u0569\u0083\u0539\u0536ber ihren parteipolitischen Schatten zu springen. Aber es war leider eine Illusion. Die PDS war nicht in der Position die Leute hinter sich zu bringen. Der damalige stellvertretende SPD-Vorsitzende Gernot Erler hat dann erkl\u0569\u0083\u0539)rt, es handelt sich zwar ohne Zweifel um ein Genozid, aber aus grunds\u0569\u0083\u0539)tzlichen Erw\u0569\u0083\u0539)gungen sollte man so etwas nicht dem Parlament vorlegen. Und er sagte, es sollten sich Historiker damit besch\u0569\u0083\u0539)ftigen; Parlamente sollten sich mit der Geschichte des eigenen Landes besch\u0569\u0083\u0539)ftigen. Offensichtlich war es Erler nicht klar, dass hier auch um die Geschichte des eigenen Landes ging. Uwe Hiksch hatte das in seinem Antrag auch extra reingeschrieben: die erw\u0569\u0083\u0539)hnte Rolle, die deutsche Soldaten, deutsche Offiziere und deutsche B\u0569\u0083\u0539\u0536rokraten gespielten hatten beim Genozid. Und die Rolle der deutschen Diplomatie und politischen F\u0569\u0083\u0539\u0536hrung gespielt hat, durch \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c ich nenne es mal \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c unterlassene Hilfeleistung. Sie haben es einfach nicht genutzt ihr Druckpotential, das sie gehabt h\u0569\u0083\u0539)tten, auf den t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen Kriegspartner einzusetzen.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Wie kam es, dass SPD, CDU-CSU, Gr\u0569\u0083\u0539\u0536ne und FDP, die 2001 alle eine Beschlussfassung zum Genozid abgelehnt hatten, vier Jahr sp\u0569\u0083\u0539)ter pl\u0569\u0083\u0539\u0533tzlich bereit waren, eine Stellungnahme abzugeben? Und wie kam es dazu, dass ausgerechnet die CDU die Initiative ergriff, einen Antrag zum Genozid einzubringen?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Ich kann hier auch nur spekulieren. Auch was die CDU betrifft und auch die anderen Parteien: wenn sie an der Regierung sind, handeln sie ganz anders als wenn sie in der Opposition sind. Der gemeinsamen Resolution 2005 ging zuerst ein Antrag der Unionsfraktion voraus. Da waren die anderen Fraktionen gezwungen darauf zu reagieren. Dass, was paar Jahre vorher mit dem Antrag von Uwe Hiksch nicht funktionierte, weil die PDS das Schmuddelkind war, mit denen keiner redete; diesen Luxus konnten sich die Fraktionen nicht mehr leisten, als die CDU vorpreschte mit so einem Antrag. Da war man gezwungen zu handeln und einen gemeinsamen Antrag auszuhandeln. Ich denke, dass einen gewissen Hintergrund dabei die EU-Beitrittsverhandlungen mit der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei gespielt haben. Die Union hat Bedenken gegen einen t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen EU-Beitritt und hat sich pl\u0569\u0083\u0539\u0533tzlich sehr stark als Verteidigerin von Menschenrechten in der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei aufgespielt. Weniger der Menschenrechte der gro\u0569\u0083\u056a\u0534en, millionenstarken kurdischen Minderheit als der weniger als 0,5 % starken christlichen Minderheit. Aber ich denke in diesem Zusammenhang ging es der Union auch darum, die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei ein bisschen vorzuf\u0569\u0083\u0539\u0536hren, vielleicht auch zu br\u0569\u0083\u0539\u0536skieren und zu zeigen, dass die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei nicht Mitglied der EU werden sollte.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Weder im April 2005 eingebrachten Antrag der Unionsfraktionen, noch in dem zwei Monate sp\u0569\u0083\u0539)ter angenommenen interfraktionellen Antrag taucht der Begriff Genozid auf.<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Ja und Nein. Im interfraktionellen Antrag taucht das Wort im Begr\u0569\u0083\u0539\u0536ndungsteil auf. Dort hei\u0569\u0083\u056a\u0534t es, dass eine ganze Reihe von Historikern, Parlamenten usw. die Massaker und Vertreibungen als Genozid bezeichnen. Im Beschlussteil f\u0569\u0083\u0539)llt auf, wie die Ereignisse beschrieben werden: es sind genau die Kriterien, die von der UN in der Definition von Genoziden enthalten sind. Faktisch hat der Bundestag den Genozid als solchen anerkannt. Es ist auch von \u0569\u0083\u0539\u0536ber 1 Mio. Todesopfern die Rede. Aber das Wort V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord bzw. Genozid wurde im Beschlussteil nicht verwendet.\u0569\u0082\u0539\u00a0 Ich denke aus zwei Gr\u0569\u0083\u0539\u0536nden: Der eine war, man wollte den Aufschrei der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei und auch den Aufschrei der von der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei gesteuerten der t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen Lobby in Deutschland soweit wie m\u0569\u0083\u0539\u0533glich umgehen. Das andere war, dass ab dem Moment, bei dem es Eingest\u0569\u0083\u0539)ndnis gibt, dass es ein V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord war und dass Deutschland in irgendeiner Form daran beteiligt war, k\u0569\u0083\u0539\u0533nnten tats\u0569\u0083\u0539)chlich Entsch\u0569\u0083\u0539)digungsanspr\u0569\u0083\u0539\u0536che auf Deutschland bzw. auf deutsche Konzerne oder Versicherungen zukommen. Wir haben das vor drei Jahren gemerkt, als in einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion wissen wollte, wie die Bundesregierung zu der Entschlie\u0569\u0083\u056a\u0534ung von 2005 steht und wie sie die Erkenntnisse \u0569\u0083\u0539\u0536ber die deutsche Rolle bewertet. Die Bundesregierung sagte, sie \u0569\u0083\u0539)u\u0569\u0083\u056a\u0534ert sich dazu nicht weil in den USA Verfahren von armenischer Seite auch gegen die Deutsche Bank, u.a. im Zusammenhang mit Zwangsarbeit bei der Bagdad-Bahn\u0569\u0082\u0539\u00a0 – die Bundesregierung nannte es \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0537angeblicher Zwangsarbeit\u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0093 \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c laufen w\u0569\u0083\u0539\u0536rden.\u0569\u0082\u0539\u00a0 Auch zu den Forschungsergebnissen wollte sich die Bundesregierung nicht \u0569\u0083\u0539)u\u0569\u0083\u056a\u0534ern. Es sollte also der Begriff vermieden werden um einerseits die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei nicht unn\u0569\u0083\u0539\u0533tig zu provozieren und andererseits wollte sich der Bundestag sicherlich gegen etwaige Entsch\u0569\u0083\u0539)digungsanspr\u0569\u0083\u0539\u0536che absichern.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Welche Konsequenzen hatte der Bundestagsbeschluss letztendlich? Was wurde seit 2005 getan, um ihn umzusetzen?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Sehr wenig, und man muss sagen, dass einiges, was im Beschluss steht im Nachhinein unter der jetzigen Regierung sogar im Wortlaut revidiert wurde. Es gibt ein R\u0569\u0083\u0539\u0536ckfall zu Standpunkten, die eigentlich 2000-2001 eingenommen wurden. Und es gibt auch einen R\u0569\u0083\u0539\u0536ckfall hinter die Beschlussfassung von 2005.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Inwiefern? <\/strong><\/p>\n N. Brauns: Da ist, wie als Antwort auf eine Kleinen Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, nicht mehr die Rede von der besch\u0569\u0083\u0539)menden Rolle Deutschlands oder dergleichen, sondern es hei\u0569\u0083\u056a\u0534t nur noch, eine Aufarbeitung ist in erster Linie Sache der betroffenen L\u0569\u0083\u0539)nder Armenien und T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei. Das stand in der Resolution von 2005 nicht drin. Da hie\u0569\u0083\u056a\u0534 es,\u0569\u0082\u0539\u00a0 es solle dazu beigetragen werden zur Vers\u0569\u0083\u0539\u0533hnung zwischen T\u0569\u0083\u0539\u0536rken und Armeniern. Das ist etwas ganz anderes. Von 9 Mio. Armeniern weltweit leben nur drei Millionen im Staat Armenien und werden durch diesen vertreten.<\/p>\n Es ist also nicht die Sache der Staaten T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei und Armenien, sondern es ist die Sache der Menschen. Die urspr\u0569\u0083\u0539\u0536ngliche Resolution hat zumindest von Text her die weltweite armenische Diaspora mit einbezogen, ebenso die in Deutschland lebenden t\u0569\u0083\u0539\u0536rkeist\u0569\u0083\u0539)mmigen B\u0569\u0083\u0539\u0536rger. Und die urspr\u0569\u0083\u0539\u0536ngliche Resolution hat die Rolle Deutschlands ganz klar benannt. Aber davon will die heutige schwarz-gelbe Regierung nichts mehr wissen. Unter anderem mit dem Verweis auf laufende Verfahren bzw. Klagen von armenischer Seite gegen die Deutsche Bank im Zusammenhang mit Zwangsarbeit bei der Bagdad-Bahn.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Im zweiten Absatz des Bundestagsbeschlusses steht, das Werk von Johannes Lepsius solle \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0537dem Vergessen entrissen und im Sinne der Verbesserung der Beziehungen zwischen dem armenischen, dem deutschen und dem t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen Volk gepflegt und erhalten werden\u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0093. Hat der Bundestag damit konkret vorgegeben, wie und wo die Aufarbeitung des Genozids und die Verbesserung der Beziehungen zwischen Armeniern, Deutschen und T\u0569\u0083\u0539\u0536rken stattfinden sollten?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Einen wichtigen Anteil bei der Ausarbeitung des Bundestagsantrags hatte der evangelische Theologe und Leiter des Lepsius-Archivs, Hermann Goltz. Es ist Herrn Goltz sicherlich nicht zu verdenken, dass er in den Antrag reinschrieb, dass auch die Figur von Lepsius besonders geehrt werden sollte. Lepsius sollte herausgestellt werden als ein Deutscher, als einer der ganz wenigen Deutschen, die sich \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt f\u0569\u0083\u0539\u0536r die Armenier eingesetzt haben. Es spricht auch gar nichts dagegen. Im Antrag wurden \u0569\u0083\u0539\u0536brigens auch andere erw\u0569\u0083\u0539)hnt, Liebknecht, Wegner, Erzberger. Es gab eine Handvoll Leute, die sich f\u0569\u0083\u0539\u0536r die Armenier einsetzten, aber Lepsius war sicherlich derjenige, der \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt erst mal Material brachte, der \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt erst mal nachweisen konnte, welche Verbrechen dort gelaufen waren, und auf den sich dann andere wie Liebknecht und Erzberger st\u0569\u0083\u0539\u0536tzen konnten.<\/p>\n Was machte nun Herr Goltz mit diesem einen Satz in dieser langen Resolution. F\u0569\u0083\u0539\u0536r ihn war dieser eine Satz, das Andenken an Lepsius zu bewahren das entscheidende. Er brachte dann einen Projektantrag in den Bundestag ein, der dort durch alle Aussch\u0569\u0083\u0539\u0536sse schnell durchgewunken wurde. Nur von der Linken gab es keine Stimme daf\u0569\u0083\u0539\u0536r.<\/p>\n Das lief darauf hinaus, dass der entscheidende Tr\u0569\u0083\u0539)ger dieser Resolution das Potsdamer Lepsiushaus sein sollte. Also die Villa, in der Lepsius lange Jahre seines Lebens verbracht hatte. Diese Villa sollte nicht nur renoviert und f\u0569\u0083\u0539\u0536r Besucher ge\u0569\u0083\u0539\u0533ffnet werden, sondern es gr\u0569\u0083\u0539\u0536ndete sich dort auch F\u0569\u0083\u0539\u0533rderkreis, der weniger von Wissenschaftlern als von Theologen und Funktion\u0569\u0083\u0539)ren der evangelischen Kirche um Herrn Goltz rum dominiert wurde. Und lange Jahre flossen erst mal alle Mittel, die aufgrund der Bundestagsresolution aus \u0569\u0083\u0539\u0533ffentlichen Geldern vergeben wurden, um diese Resolution umzusetzen – inzwischen 400.000 Euro – ausschlie\u0569\u0083\u056a\u0534lich an das Lepsiushaus.<\/p>\n Das Lepsiushaus wiederum machte allerdings nicht allzu viel, zumindest nicht in den ersten Jahren, um sich mit dem Thema Genozid zu befassen,\u0569\u0082\u0539\u00a0 und schon gar nicht, mit dessen wissenschaftlicher Aufarbeitung. Was dort anfangs lief war \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c wie Wolfgang Gust es ausdr\u0569\u0083\u0539\u0536ckte \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c eine ganz unevangelischer Heiligenkult, den man dort um Lepsius betrieb. Es wurden dort keinerlei Kritik an die Figur Lepsius rangelassen. Lepsius war eben aber nicht nur der uneigenn\u0569\u0083\u0539\u0536tzige Schutzengel der Armenier, wie er oft genannt wurde, sondern er war gleichzeitig sicherlich auch ein Kind seiner Zeit. Er war aus der evangelischen, kaisertreuen Pastorenecke, mit allen nationalistischen, deutschnationalen Vorurteilen und Denkmustern behaftet. Lepsius war auch einer, der anti-semitische \u0569\u0083\u0549\u0080\u009eu\u0569\u0083\u056a\u0534erungen machte, er arbeitete f\u0569\u0083\u0539\u0536r den deutschen Geheimdienst, er war ein Mann Ludendorffs. Es war nicht so, dass er aufgrund seiner Ver\u0569\u0083\u0539\u0533ffentlichung verfolgt wurde. Nein, er hat sich direkt dem faktisch starken Mann des deutschen Reiches unterstellt und arbeitete f\u0569\u0083\u0539\u0536r dessen Auslandsgeheimdienst. Wir werden so eine ganze Reihe schwarzer Flecken auf der Weste von Lepsius finden. Dass soll \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c m\u0569\u0083\u0539\u0533chte ich hier betonen \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c den Einsatz von Lepsius f\u0569\u0083\u0539\u0536r die verfolgten Armenier nicht abwerten.<\/p>\n Es gab im Lepsiushaus keine Bereitschaft sich mit Lepsius kritisch auseinanderzusetzen. Und noch weniger gab es die Bereitschaft, wissenschaftlich \u0569\u0083\u0539\u0536ber den Genozid zu arbeiten. Erst jetzt, in den letzten 1-2 Jahren ist das Programm des Lepsiushauses auf breitere F\u0569\u0083\u0539\u0536\u0569\u0083\u056a\u0534e gestellt worden. Es finden jetzt nicht nur Veranstaltungen zu Lepsius statt, sondern auch mit armenischen Wissenschaftlern zum Thema Genozid. Die Frage ist, ob das Haus eines erkl\u0569\u0083\u0539)rten Islammissionars tats\u0569\u0083\u0539)chlich der geeignete Ort, um eine Auss\u0569\u0083\u0539\u0533hnung von t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen Muslimen, von Armeniern \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c die Lepsius als ebenfalls zu bekehrende H\u0569\u0083\u0539\u0533chste unter den Niedrigen bezeichnete \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c und Deutschen zu betreiben.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Es gab im Bundestagsbeschluss auch die Forderung, dass der Genozid an den Armeniern in den Lehrplan des Geschichtsunterrichts aufgenommen werden sollte. Was ist daraus geworden?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Das konnte nat\u0569\u0083\u0539\u0536rlich nur eine Empfehlung des Bundestags sein, weil Lehrpl\u0569\u0083\u0539)ne Landesangelegenheit sind. Man muss sagen, in dieser Richtung ist gar nichts geschehen. Ein einziges Bundesland, n\u0569\u0083\u0539)mlich Brandenburg, hat den Genozid an den Armeniern als ein m\u0569\u0083\u0539\u0533gliches Thema im Lehrplan stehen, aber das nicht erst seit der Bundestagsresolution, sondern bereits vier Jahre vorher.<\/p>\n Brandenburg hat im Jahr der Bundestagsresolution das Thema aus dem Lehrplan entfernt, nachdem der Ministerpr\u0569\u0083\u0539)sident und der Bildungsminister ein Abendessen mit dem t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischen Botschafter hatten. Daraufhin hat die Regierung von Platzeck diesen Halbsatz, wo drinstand, dass man das Thema Genozid am Beispiel des Schicksals der Armenier behandeln k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte, wieder rausgestrichen. Das f\u0569\u0083\u0539\u0536hrte allerdings zu Protesten aus allen Parteien. So wurden die Lehrpl\u0569\u0083\u0539)ne wieder soweit \u0569\u0083\u0539\u0536berarbeitet, dass jetzt der Armeniergenozid als eines von 22 m\u0569\u0083\u0539\u0533glichen Themen drankommen kann. Fakultativ stehen daneben auch Stalins Verbrechen, Pol Pots Verbrechen, der V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord in Ruanda und dergleichen.\u0569\u0082\u0539\u00a0 Ob das Thema Armenierrgenozid im Geschichtsunterricht behandelt wird, ist also v\u0569\u0083\u0539\u0533llig ungewiss.<\/p>\n Das Thema ist dabei nicht nur f\u0569\u0083\u0539\u0536r Deutsche bzw. deutschst\u0569\u0083\u0539)mmig Sch\u0569\u0083\u0539\u0536ler wichtig, sondern auch f\u0569\u0083\u0539\u0536r die t\u0569\u0083\u0539\u0536rkeist\u0569\u0083\u0539)mmigen Sch\u0569\u0083\u0539\u0536ler in Deutschland. Von denen gibt es in Brandenburg allerdings nicht allzu viele.\u0569\u0082\u0539\u00a0 Hier w\u0569\u0083\u0539)ren sicherlich andere Bundesl\u0569\u0083\u0539)nder viel mehr gefragt. Aber da ist bisher nichts geschehen.\u0569\u0082\u0539\u00a0 In Niedersachsen fand eine vom Kultusministerium unterst\u0569\u0083\u0539\u0536tzte Tagung statt, wo es darum ging, wie V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermorde im Unterricht behandelt werden. Darauf folgte zwar erst mal nichts,\u0569\u0082\u0539\u00a0 dann gab es den Vorschlag von Lehrerseite, , als Vorl\u0569\u0083\u0539)ufer des Holocaust zu behandeln. Der Holocaust steht in jedem Lehrplan ausf\u0569\u0083\u0539\u0536hrlich drin, und zwar zu Recht. Wenn ein Lehrer tats\u0569\u0083\u0539)chlich den Armeniergenozid behandeln will, dann k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte er ihn als Vorl\u0569\u0083\u0539)ufer,\u0569\u0082\u0539\u00a0 vielleicht auch als eine Inspiration f\u0569\u0083\u0539\u0536r Hitler nennen, der sich vor Beginn seines Vernichtungsfeldzugs gegen die slawischen V\u0569\u0083\u0539\u0533lker ausdr\u0569\u0083\u0539\u0536cklich auch auf die Vernichtung der Armenier berufen hat.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Die Linksfraktion im Bundestag hat nach 2005 in mehreren Kleinen Anfragen Auskunft dar\u0569\u0083\u0539\u0536ber verlangt, wie der Bundestagsbeschluss umgesetzt wurde. Sie\u0569\u0082\u0539\u00a0war in ostdeutschen Bundesl\u0569\u0083\u0539)ndern wie Mecklenburg-Vorpommern und Berlin an der Regierung beteiligt. <\/strong>Das Bundesland Berlin wurde bis 2011 von einer rot-roten Koalition regiert, und in Berlin leben schlie\u0569\u0083\u056a\u0534lich viele t\u0569\u0083\u0539\u0536rkeist\u0569\u0083\u0539)mmige Migranten. <\/strong>Hat die Linke etwas unternommen, damit das Thema in den Lehrplan aufgenommen wird?\u0569\u0082\u0539\u00a0 N. Brauns: In die Richtung lief \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt nichts. In Berlin w\u0569\u0083\u0539)re es tats\u0569\u0083\u0539)chlich sehr, sehr wichtig gewesen. Aber ich denke, gerade die dortige Linkspartei hat sich nun in jeder Hinsicht als Konfliktscheu herausgestellt. Es ist nichts geschehen, es wurde nicht einmal in der Richtung gedacht. Man kann sagen, in der ganzen Linkspartei haben eigentlich nur drei Leute \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt das Thema aufgegriffen. In der vorletzten Legislaturperiode war es Hakki Keskin, der das Thema in der Form aufgegriffen, dass er den Genozid \u0569\u0083\u0539\u0533ffentlich infrage stellte und sich als Lobbyist t\u0569\u0083\u0539\u0536rkisch-nationalistischer Verb\u0569\u0083\u0539)nde hier geb\u0569\u0083\u0539)rdete. Ansonsten haben sp\u0569\u0083\u0539)ter Ulla Jelpke und Katrin Werner mit ihren kritischen Nachfragen wissen wollen, was zur Umsetzung der Bundestagsresolution unternommen wurde.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Was ist mit der Linkspartei in den westlichen Bundesl\u0569\u0083\u0539)ndern wie das Saarland, Hessen, NRW usw. Hat sie in den Landtagen, in denen sie vertreten ist,\u0569\u0082\u0539\u00a0 das Thema eingebracht? <\/strong><\/p>\n N. Brauns: Mir ist davon nichts bekannt. Aber es ist bei der Linkspartei so wie bei allen Parteien: ohne Druck von au\u0569\u0083\u056a\u0534en werden Themen auch nicht unbedingt aufgegriffen. Und es fehlte hier schlichtweg der Druck, es fehlt eben nach wie vor in der deutschen \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093ffentlichkeit, auch in der wissenschaftlichen \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093ffentlichkeit das Bewusstsein f\u0569\u0083\u0539\u0536r diese Thematik. Und drum sah weder die Linkspartei noch irgendeine andere Partei die Notwendigkeit sich darum zu k\u0569\u0083\u0539\u0536mmern. Das w\u0569\u0083\u0539)re sicherlich eine Frage wo armenische Verb\u0569\u0083\u0539)nde, der Verband der Genozidgegner, die Arbeitsgruppe Anerkennung und andere gefragt sind, ganz gezielt auf die Linke und auch auf die anderen in den Parlamenten vertretenen Parteien zuzugehen und diese Forderung zu erheben. Das w\u0569\u0083\u0539)re auch gerade im Hinblick auf den vor uns liegenden 100. Jahrestag des Genozids sicherlich eine Initiative, die begonnen werden sollte in allen Bundesl\u0569\u0083\u0539)ndern.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Im Zusammenhang mit den Verbrechen der Vergangenheit ist oft die Rede von der Wichtigkeit der\u0569\u0082\u0539\u00a0 \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0537Erinnerungskultur\u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0093. Wie steht es mit der Erinnerungskultur in Deutschland, kommt die Politik ihrer Aufgabe nach, die Erinnerungskultur lebendig zu halten?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Sie kommt ihr nach, aber sicherlich nicht unbedingt in dem Sinne, dass sie dazu beitr\u0569\u0083\u0539)gt, historische Ereignisse aufzuarbeiten, zur Vers\u0569\u0083\u0539\u0533hnung beizutragen, das Ganze im Ged\u0569\u0083\u0539)chtnis der Menschen zu verankern. Ich meine, Erinnerungskultur in Deutschland l\u0569\u0083\u0539)uft meistens darauf hinaus, etwas in Stein gegossenes zu sein, also Holocaust Mahnmal oder \u0569\u0083\u0539)hnliches. Und Erinnerungskultur in Deutschland ist nat\u0569\u0083\u0539\u0536rlich verschiedensten politischen Interessen unterworfen. Also auch das Holocaust-Mahnmal, sobald es am Entstehen war, diente als Rechtfertigung f\u0569\u0083\u0539\u0536r die Beteiligung Deutschlands am Angriffskrieg auf Jugoslawien, wo es kein \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0537zweites Auschwitz\u0569\u00a7\u0549\u0082-\u056a\u0093 (Joschka Fischer) geben sollte. Erinnerungskultur ist eben nichts, was auf die Aufarbeitung der Vergangenheit gewandt ist, sondern es geht um Politik hier und jetzt, um politische Interessen hier und jetzt.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: W\u0569\u0083\u0539)re es nicht gerade deshalb notwendig, dass die Zivilgesellschaft interveniert und ein anderes Verst\u0569\u0083\u0539)ndnis von Erinnerungskultur fordert?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Ja, und ich denke einige Verb\u0569\u0083\u0539)nde von christlichen Gemeinschaften wie Armenier, Assyrer und Aram\u0569\u0083\u0539)er fordern jetzt, dass es zum 100. Jahrestag Denkm\u0569\u0083\u0539)ler in Deutschland geben soll. Das ist sicherlich auch eine legitime Forderung, aber das ist nicht das, was Erinnerungskultur sein sollte. Erinnerungskultur stelle ich mir so vor, dass gerade in den Schulklassen, aber auch \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt in der Gesellschaft die Ereignisse diskutiert und aufgearbeitet werden. Dass hier t\u0569\u0083\u0539\u0536rkische, kurdische, deutsche, armenische und Sch\u0569\u0083\u0539\u0536ler ganz anderer Herkunft in Deutschland einfach zusammensitzen, um sich mit der Vergangenheit zu besch\u0569\u0083\u0539)ftigen auch als Lehre f\u0569\u0083\u0539\u0536r Gegenwart und Zukunft.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Kommt die Politik ihrer Verantwortung nach, Erinnerungskultur so zu gestalten, dass die Menschen aus den Verbrechen der Vergangenheit lernen und daraus Lehren ziehen?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Vielleicht erwarten wir zu viel von der Politik, die ja auch vor allem Tagespolitik ist und tagespolitische Interessen wiederspiegelt.\u0569\u0082\u0539\u00a0 Also ich denke, sie ist ihrer Verantwortung in dem Sinne nicht nachgekommen.<\/p>\n Eine Hauptforderung an die Politik sollte einfach sein, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um innerhalb dieser Rahmenbedingungen dann anderen gesellschaftlichen Gruppen, zivilgesellschaftlichen Gruppen, Wissenschaftlern, NGOs und anderen zu erm\u0569\u0083\u0539\u0533glichen hier Forschungsarbeit, Aufkl\u0569\u0083\u0539)rungsarbeit, Auss\u0569\u0083\u0539\u0533hnungsarbeit zu betreiben.<\/p>\n Dass das Ausw\u0569\u0083\u0539)rtige Amt seine Archive vollst\u0569\u0083\u0539)ndig ge\u0569\u0083\u0539\u0533ffnet hat, ist eine wichtige Rahmenbedingung. Das hat allerdings nichts mit Erinnerungskultur zu tun, sondern einfach mit deutschen Archivgesetzen. Aber das ist erst mal etwas sehr wichtiges. Ich w\u0569\u0083\u0539)re sehr froh, wenn die T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei erst mal eine solche Rahmenbedingung geben w\u0569\u0083\u0539\u0536rde, unabh\u0569\u0083\u0539)ngig davon, wie die t\u0569\u0083\u0539\u0536rkische Regierung zum Faktum des Genozids steht. Ich denke, es geht um Rahmenbedingungen.<\/p>\n Es ist nicht so viel getan mit irgendwelchen Parlamentsbeschl\u0569\u0083\u0539\u0536ssen aus denen dann auch nichts folgt. Ich m\u0569\u0083\u0539\u0533chte in dem Zusammenhang darauf hinweisen, dass tats\u0569\u0083\u0539)chlich unter schwarz-gelb die Resolution von 2005 wieder systematisch demontiert wird.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Was kann man im Zusammenhang mit 2015, also zum 100. Jahrestag des Genozid, erwarten?<\/strong><\/p>\n N. Brauns: Ohne den n\u0569\u0083\u0539\u0533tigen Druck interessierter Kreise kann man gar nichts erwarten. Ich denke, der Bundestag und die Bundesregierung werden von sich aus nicht handeln. Wenn allerdings der n\u0569\u0083\u0539\u0533tige Druck da ist,\u0569\u0082\u0539\u00a0 k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte es zu einer erneuten Bundestagresolution kommen.<\/p>\n Ich denke, es sollte vor allem Druck ausge\u0569\u0083\u0539\u0536bt werden um das Thema in die Lehrpl\u0569\u0083\u0539)ne aufzunehmen. Das w\u0569\u0083\u0539)re eine Sache, die auf Landesebene laufen muss, dass kann durch eine Bundestagsresolution nur verst\u0569\u0083\u0539)rkt werden. Aber von sich aus wird hier niemand in Regierung oder Opposition das Thema aufgreifen, wenn nicht durch Petitionen u.\u0569\u0083\u0539). Druck gemacht wird. Es ist schon dieses Jahr damit begonnen worden. Eine Reihe von Verb\u0569\u0083\u0539)nden haben einen offenen Brief an Merkel gerichtet. Die Antwort spricht schon f\u0569\u0083\u0539\u0536r sich: Frau Merkel hat im Wesentlichen mit dem Wortlaut, wie er vor mehr als 10 Jahren auch schon g\u0569\u0083\u0539)ngig war, dieses Ansinnen abgelehnt. Eben mit der Begr\u0569\u0083\u0539\u0536ndung, es sei keine Angelegenheit der Politik, sondern der L\u0569\u0083\u0539)nder T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei und Armenien sowie der Wissenschaft.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: W\u0569\u0083\u0539\u0536rde eine andere Regierung, z.B. eine rot-gr\u0569\u0083\u0539\u0536ne oder eine rot-rot-gr\u0569\u0083\u0539\u0536ne, eine andere Richtung einschlagen? In der Vergangenheit ist von dieser Seite nichts gekommen, was darauf hindeuten k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte. Rot-gr\u0569\u0083\u0539\u0536ne Regierung hat in ihren Antworten auf die KA der Linksfraktion im Prinzip auch nichts anderes gesagt, was die schwarz-gelbe sagt. Da sind keine gro\u0569\u0083\u056a\u0534en Unterschiede feststellbar. <\/strong><\/p>\n <\/p>\n N. Brauns: Das ist richtig. Und eine andere Regierung w\u0569\u0083\u0539\u0536rde ohne den Druck auch nicht anders handeln. Was auch eine Rolle spielt ist, wie sich die Diskussion in der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei entwickelt. Bei der Regierung Erdogan sehe ich keine besonderen Initiativen das Thema anzugehen, im Gegenteil. Aber wenn es in der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei eine breite Diskussion g\u0569\u0083\u0539)be und hier dann auch die Parteien im Bundestag das Gef\u0569\u0083\u0539\u0536hl haben, mit einer Resolution w\u0569\u0083\u0539\u0536rden sie sich nicht allzu gro\u0569\u0083\u056a\u0534en \u0569\u0083\u0549\u0080\u009erger von Seiten der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei einhandeln, dann w\u0569\u0083\u0539\u0536rden sie vielleicht sogar eine weitergehende Resolution beschlie\u0569\u0083\u056a\u0534en.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Wenn es in Deutschland ohne Druck keine Bewegung in der Frage geben kann, w\u0569\u0083\u0539)re es dann nicht vor allem Aufgabe der armenischen Verb\u0569\u0083\u0539)nde\u0569\u0082\u0539\u00a0 aktiv zu werden, um diesen notwendigen Druck zu erzeugen? <\/strong><\/p>\n N. Brauns: Mit Sicherheit, denn das sind die Verb\u0569\u0083\u0539)nde, die aus Nachfahren der Opfer bestehen, und der Genozid ist gerade f\u0569\u0083\u0539\u0536r die Diaspora noch mehr Identit\u0569\u0083\u0539)tsbildend als f\u0569\u0083\u0539\u0536r die Armenier in Armenien. Also darum w\u0569\u0083\u0539)ren die armenischen Verb\u0569\u0083\u0539)nde gefragt zu handeln. Aber nicht nur die, sondern auch die Verb\u0569\u0083\u0539)nde der Assyrer und Aram\u0569\u0083\u0539)er w\u0569\u0083\u0539)ren hier gefragt, ihr Gewicht in die Waagschale zu werfen.<\/p>\n In zweiter Linie betrifft es aber auch die Verb\u0569\u0083\u0539)nde von Alewiten, Kurden und anderen, die teilweise selber Opfer von Genozid wurden. Die Kurden – von denen einige damals auch T\u0569\u0083\u0539)ter waren \u0569\u00a7\u0549\u0082-\u0549\u0080\u009c zeigen inzwischen selber eine gewisse Bereitschaft, ihre damalige Rolle aufzuarbeiten. Jedenfalls sind auch diese Verb\u0569\u0083\u0539)nde gefragt Druck zu erzeugen.<\/p>\n Also den Alewiten geht es auch darum auch heute in der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei ihre Rechte durchzusetzen. Ich erw\u0569\u0083\u0539)hne die Alewiten hier ganz besonders, weil die Alewiten in Deutschland eine ganz andere Kraft darstellen als Armenier, Assyrer und Aram\u0569\u0083\u0539)er. Also darum w\u0569\u0083\u0539)re es sehr wichtig, diese Verb\u0569\u0083\u0539)nde mit ins Boot zu bekommen.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Glauben Sie, dass so ein B\u0569\u0083\u0539\u0536ndnis verschiedener Organisationen und Gruppen bis 2015m\u0569\u0083\u0539\u0533glich ist?<\/strong><\/p>\n <\/p>\n N. Brauns: Ich sehe die M\u0569\u0083\u0539\u0533glichkeit. In den letzten zwei Jahren hat es sehr hoffnungsvolle Ans\u0569\u0083\u0539)tze einer Zusammenarbeit zwischen diesen Verb\u0569\u0083\u0539)nden gegeben, bei Protesten gegen Erdogan oder bei der gemeinsamen Forderung, rassistische, t\u0569\u0083\u0539\u0536rkischsprachige Schulb\u0569\u0083\u0539\u0536cher aus dem Verkehr zu ziehen. Es gab diese Initiativen, die umso bedeutsamer sind, da es den sicherlich eher linksgerichteten kurdischen Verb\u0569\u0083\u0539)nden, den vielleicht eher sozialdemokratisch-gr\u0569\u0083\u0539\u0536n dominierten alewitischen Verb\u0569\u0083\u0539)nden und dem Zentralrat der Armenier, der in einigen Punkten eher christlich-konservativ ausgerichtet ist, doch gelungen ist, hier zu gemeinsamen Forderungen zu kommen. Ich bin durchaus zuversichtlich, dass in Hinblick auf 2015 etwas laufen k\u0569\u0083\u0539\u0533nnte. Allerdings muss die Initiative vom ZAD und anderen armenischen Verb\u0569\u0083\u0539)nden ausgehen.<\/p>\n Ich denke, Kurden und Alewiten werden nicht von sich aus dieses Thema aufgreifen; sie werden sich aber dem auch nicht verwehren, wenn denn die Bitte von armenischer Seite herangetragen wird, f\u0569\u0083\u0539\u0536r 2015 eine gemeinsame Kampagne zu starten. Ich denke, es ist diesen Verb\u0569\u0083\u0539)nden auch durchaus bewusst, dass, wenn erst einmal der Armeniergenozid weiter in der \u0569\u0083\u0549\u0080\u0093ffentlichkeit steht und hier weiter aufgekl\u0569\u0083\u0539)rt wird, dann werden auch die Rechte der noch heute in der T\u0569\u0083\u0539\u0536rkei unterdr\u0569\u0083\u0539\u0536ckten Gruppen zur Sprache kommen.<\/p>\n <\/p>\n ArmenienInfo.net: Sind deutsche Verb\u0569\u0083\u0539)nde, Gruppen oder Parteien nicht auch gefragt, in diesem B\u0569\u0083\u0539\u0536ndnis f\u0569\u0083\u0539\u0536r 2015 eine Rolle zu spielen? <\/strong><\/p>\n N. Brauns: Selbstverst\u0569\u0083\u0539)ndlich, es gibt eine ganze Reihe von Wissenschaftlern, Menschenrechtsaktivisten und auch Politiker, die sich hier einbringen m\u0569\u0083\u0539\u0536ssen. Ich bef\u0569\u0083\u0539\u0536rchte, dass die mit dem Thema befassten Deutschen-\u0569\u0082\u0539\u00a0 dazu w\u0569\u0083\u0539\u0536rde auch den Kreis um das Lepsiushaus einbeziehen – werden nicht die kritische Masse aufbringen. Wir m\u0569\u0083\u0539\u0536ssen als Deutsche nat\u0569\u0083\u0539\u0536rlich eng mit den t\u0569\u0083\u0539\u0536rkeist\u0569\u0083\u0539)mmigen Migrantenverb\u0569\u0083\u0539)nden agieren. Das Druckpotential k\u0569\u0083\u0539\u0533nnen nur sie aufbringen. Wir k\u0569\u0083\u0539\u0533nnen als Deutsche dabei helfen, wir k\u0569\u0083\u0539\u0533nnen den Transmissionsriemen zur Politik bilden, haben da teilweise auch bessere Beziehungen.<\/p>\n Und es ist klar, dass Verb\u0569\u0083\u0539)nde in Deutschland, die sich \u0569\u0083\u0539\u0536berhaupt auch mit der Aufarbeitung des Holocaust widmen, Verb\u0569\u0083\u0539)nde, die heute aktiv sind gegen geschehene V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermorde oder drohende V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermorde, auch gefordert sind, in dieser Frage Position zu zeigen. Und es muss unbedingt versucht werden, f\u0569\u0083\u0539\u0536r so ein B\u0569\u0083\u0539\u0536ndnis f\u0569\u0083\u0539\u0536r 2015 Druck aus\u0569\u0083\u0539\u0536bt, solche Menschenrechtsgruppen und Wissenschaftler unbedingt einzubeziehen.<\/p>\n <\/p>\n (Das Interview f\u0569\u0083\u0539\u0536hrte Toros Sarian)<\/p>\n <\/p>\n Buchver\u0569\u0083\u0539\u0533ffentlichung von Nikolaus Brauns:<\/p>\n Brauns, Nikolaus \/ Kiechle, Brigitte:<\/strong> Schmetterling-Verlag Stuttgart photo by AAE<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Donnerstag, den 26. September 2013 um 16:29 Uhr Deutschland hat lange Zeit zum V\u0569\u0083\u0539\u0533lkermord an den Armeniern geschwiegen. 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