Der in Spanien festgenommene deutsche Schriftsteller AkhanlթԹ՞ soll an die TթԹԶrkei ausgeliefert werden. AuթժԴenminister Gabriel und die GrթԹԶnen fordern seine Freilassung.
Mitgliedschaft in einer bewaffneten, terroristischen Vereinigung: Das werfe die TթԹԶrkei dem KթԹԳlner Schriftsteller DoթժԴan AkhanlթԹ՞ vor, berichtet die spanische Nachrichtenagentur Europa Press unter Berufung auf Polizeikreise. Offiziell bestթԹ)tigt ist das bislang nicht. AkhanlթԹ՞ war am Samstag im Urlaub im spanischen Granada festgenommen worden. Sein Anwalt Ilias Uyar sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Festnahmeantrag sei aus der TթԹԶrkei gekommen. Die fordert die Auslieferung des deutschen StaatsbթԹԶrgers.
Daraufhin schaltete sich AuթժԴenminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Fall ein, er will seine Auslieferung verhindern. Gabriel telefonierte mit seinem spanischen Kollegen Alfonso Dastis, teilte das AuթժԴenministerium mit. Dabei habe Gabriel den Wunsch geթԹ)uթժԴert, dass AkhanlթԹ՞ nicht an die TթԹԶrkei թԹԶberstellt und Deutschland in das Verfahren einbezogen werde. AuթժԴerdem habe er um schnellstmթԹԳgliche konsularische Betreuung des Schriftstellers gebeten. Zuvor hatte das AuswթԹ)rtige Amt bereits mitgeteilt, dass sich die deutsche Botschaft in Madrid mit entsprechenden WթԹԶnschen an die spanische Regierung gewandt habe. Die Bitten seien auf eine verstթԹ)ndnisvolle Reaktion gestoթժԴen, berichtete das ZDF.
Der GrթԹԶnen-Politiker Volker Beck forderte die Bundesregierung auf, die HintergrթԹԶnde des Falls aufzulթԹ)ren. Er frage sich, warum AkhanlթԹ՞ nicht gewarnt worden sei, dass bei Interpol eine sogenannte Red Notice von Seiten der TթԹԶrkei vorgelegen habe. Mit diesem hatte die TթԹԶrkei AkhanlթԹ՞s Festnahme ersucht. Unklar sei auch, wie die spanische Polizei auf seinen Aufenthalt aufmerksam geworden sei. Beck forderte die sofortige Freilassung des Autors. “In der TթԹԶrkei gibt es kein rechtsstaatliches Verfahren. Das ist nach der europթԹ)ischen Menschenrechtskonvention ein absolutes Abschiebehindernis.” EuropթԹ)er dթԹԶrften sich nicht ErfթԹԶllungsgehilfen des tթԹԶrkischen StaatsprթԹ)sidenten Recep Tayyip ErdoթժԴan machen lassen.
Kritiker der tթԹԶrkischen Regierung
DoթժԴan AkhanlթԹ՞ war 1991 aus der TթԹԶrkei geflohen. 1989 soll er an einem Raubmord auf eine Wechselstube in Istanbul beteiligt gewesen sein. Allerdings sind die genauen UmstթԹ)nde nie vor Gericht geklթԹ)rt worden. Als junger Mann ging er nach dem tթԹԶrkischen MilitթԹ)rputsch 1980 in den Untergrund. Er wurde als Mitglied der kommunistischen TDKP gesucht und 1984 verhaftet. Von 1985 bis 1987 war er in Istanbul in einem MilitթԹ)rgefթԹ)ngnis inhaftiert. In dieser Zeit sei er auch gefoltert worden, berichtete AkhanlթԹ՞ spթԹ)ter. Im Jahr 1991 setzte er sich nach Deutschland ab, wo er als politischer FlթԹԶchtling anerkannt wurde und spթԹ)ter die deutsche StaatsbթԹԶrgerschaft annahm.
2010 wurde der Schriftsteller in Istanbul am Flughafen schon einmal festgenommen, als er in die TթԹԶrkei einreisen wollte, um seinen todkranken Vater zu besuchen. Er blieb damals in Untersuchungshaft, bis der Richter am ersten Verhandlungstag entschied, dass AkhanlթԹ՞ das GefթԹ)ngnis verlassen dթԹԶrfe. Wenige Tage spթԹ)ter kehrte er nach Deutschland zurթԹԶck. 2011 wurde er in Abwesenheit von einem Gericht in der TթԹԶrkei vom Vorwurf des Raubes und Totschlags freigesprochen. Der Freispruch wurde aber 2013 wieder aufgehoben.
Laut AkhanlթԹ՞s Anwalt gibt es gegen seinen Mandanten keinen internationalen Haftbefehl. Auch habe Interpol nicht selbsttթԹ)tig nach AkhanlթԹ՞ gesucht. Eine Red Notice der internationalen Polizeiorganisation Interpol bedeutet lediglich, dass ein Land andere LթԹ)nder auffordert, eine gesuchte Person ausfindig zu machen und vorlթԹ)ufig festzunehmen. Laut Interpol entscheiden die LթԹ)nder selbst, wie sie mit einer Red Notice umgehen. Die TթԹԶrkei muss nach der FestnahmeթԹ nun ein detailliertes Auslieferungsersuchen mit Beweisen gegen AkhanlթԹ՞ erstellen, welches dann durch die spanische Justiz geprթԹԶft werden muss. Danach muss die spanische Regierung entscheiden, ob sie eine Auslieferung genehmigt. In Berlin hofft man, dass es dazu nicht kommen wird.
AkhanlթԹ՞s ist Mitglied der internationalen Schriftstellervereinigung PEN. Er kritisierte in der Vergangenheit mehrfach die tթԹԶrkische Regierung. In seinem literarischen Werk thematisiert er den VթԹԳlkermord an den Armeniern vor 100 Jahren in der heutigen TթԹԶrkei. Die tթԹԶrkische Regierung leugnet, dass es einen solchen VթԹԳlkermord gegeben hat. AkhanlթԹ՞s Roman Der letzte Traum der Madonna (2005) wurde von tթԹԶrkischen Kritikern zu einem der zehn besten Romane des Jahres gekթԹԶrt. In Deutschland wurden seine Projekte fթԹԶr einen offenen Umgang mit historischer Gewalt und fթԹԶr VersթԹԳhnung mehrfach ausgezeichnet, etwa vom BթԹԶndnis fթԹԶr Demokratie und Toleranz.
ErdoթժԴan greift Gabriel an
Die deutsch-tթԹԶrkischen Beziehungen sind seit Monaten angespannt, unter anderem wegen der Verhaftung des deutsch-tթԹԶrkischen Journalisten Deniz YթԹԶcel und des deutschen Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner. Umgekehrt wirft die TթԹԶrkei Deutschland vor, UnterstթԹԶtzern des gescheiterten MilitթԹ)rputsches vom Sommer 2016 Schutz zu gewթԹ)hren.
Der tթԹԶrkische PrթԹ)sident hatte am Freitag zudem die wahlberechtigten Deutsch-TթԹԶrken dazu aufgerufen, nicht fթԹԶr die drei Parteien CDU, SPD oder GrթԹԶne bei der Bundestagswahl im September zu stimmen. Diese Parteien seien Feinde der TթԹԶrkei, ihnen mթԹԶsse “die beste Lektion erteilt werden”. BundesauթժԴenminister Sigmar Gabriel sei “eine Katastrophe”. Gabriel selbst nannte diesen Aufruf ErdoթժԴans einen “einmaligen Eingriff in die SouverթԹ)nitթԹ)t unseres Landes”. Darauf entgegnete dieser: “Wer sind Sie denn, um den tթԹԶrkischen PrթԹ)sidenten anzusprechen? Erkennen Sie Ihre Grenzen.”
zeit.de
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